Der Hoffnungsschimmer für Griechenland, der nach dem Rettungsgipfel der Eurogruppe für 48 Stunden zu sehen war, verfinstert sich schon wieder. Die weitere Finanzierung des bankrotten Staates könne nur gelingen, wenn Griechenland nun endlich Reformen auch wirklich schnell umsetzt, heißt es in den Gipfelbeschlüssen. Doch was macht Alexis Tsipras?
Der griechische Premier erhebt im Fernsehinterview schon wieder schwere Vorwürfe gegen seine Verhandlungspartner. Er sei gezwungen worden zu unterschreiben, die Reformen seien falsch, er würde sie eigentlich ablehnen. Aber um an die versprochenen Milliarden zu kommen, solle das Parlament in Griechenland trotzdem zustimmen, sagt Tsipras da ohne mit der Wimper zu zucken. Können die Geldgeber diesem Mann vertrauen? Nein! Nach diesem Auftritt ist nicht damit zu rechnen, dass der linksradikale Volkstribun das, was er unterschrieben hat, auch wirklich machen will. Kann man dieser populistischen Chaostruppe wirklich weitere 86 Milliarden Euro zusagen?
Naives Wunschdenken
Strenge, ja fast vormundschaftliche Kontrollen durch die Troika? Überschreiben von Staatsvermögen auf die EU? Wer glaubt, dass eine Regierung unter Alexis Tsipras das wirklich umsetzen wird, muss schon sehr naiv sein. Hinzu kommt ja, dass auch die griechischen Wähler, das was Tsipras am Montagmorgen zugesagt hat, nur eine Woche zuvor in einem Referendum abgelehnt hatten. Die Skepsis von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, die er in Brüssel noch einmal zur Schau gestellt hat, ist mehr als berechtigt. Ihm trauen andererseits die Griechen nicht über den Weg, aber ohne Zustimmung Deutschlands läuft gar nichts.
Das Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Währungsgemeinschaft bleibt eine realistische Option, denn unter den Umständen, die derzeit in Griechenland obwalten, lässt sich ein drittes Hilfsprogramm kaum rechtfertigen. Den Bundestagsabgeordneten die Zustimmung zu empfehlen, ist eigentlich unseriös.
EU-Kommission der Verzweiflung nahe
Nicht nur weil die griechische Seite offenbar nicht den Willen hat, ihre Zusagen auch wirklich einzulösen, sondern auch weil mittlerweile auf der anderen Seite, bei den Institutionen, keine Einigkeit mehr herrscht. Der Internationale Währungsfonds, der am Rettungsgipfel am Sonntag und Montag beteiligt war, hält die Schuldentragfähigkeit Griechenlands mit einem dritten Milliarden-Programm nicht für gegeben. Er legt einen Schuldenerlass oder eine Streckung der europäischen Kredite - nicht seiner eigenen - als Lösung nahe. Die EU-Kommission beurteilt die Schuldentragfähigkeit besser. Das muss sie auch, denn wäre diese nicht gegeben, dürfte es nach den Verträgen für den Rettungsschirm ESM kein Programm und keine Auszahlung mehr an Griechenland geben.
Die EU-Kommission, die Griechenland unter allen Umständen in der Währungsunion halten will, schlägt in höchster Not vor, die Regeln der Euro-Zone zu biegen und zu dehnen, bis es eben passt. Das wird vor allem bei der angestrebten Brückenfinanzierung für Griechenland sichtbar. Sieben Milliarden Euro sollen Griechenland als Nothilfe für die nächste Woche überwiesen werden. Das Geld soll nach einer sehr windigen Konstruktion aus einem Topf fließen, den es eigentlich schon nicht mehr gibt und in den alle 28 EU-Staaten einzahlen müssten. Einige EU-Staaten lehnen es aber aus nachvollziehbaren Gründen ab, für Griechenland geradezustehen. Die ganze Aktion nannte Bundesfinanzminister Schäuble "nicht zielführend". Und nun?
Theoretisch könnten die EU-Staaten jeder für sich Griechenland bilaterale Kredite gewähren. Aber wer will schon Geld in ein Fass ohne Boden werfen? Bisher gibt es keine Freiwilligen.
Der Ausstieg aus der Euro-Zone ist der ehrliche Weg
Nein, am Tag zwei nach dem Gipfeltreffen, bei dem Griechenland doch eigentlich vor dem Kollaps bewahrt werden sollte, passt irgendwie gar nichts mehr zusammen: Der Regierung in Athen ist nicht zu trauen. Die Voraussetzungen für ein drittes Hilfsprogramm sind nicht gegeben. Die Brückenfinanzierung, um überhaupt ein drittes Programm zu erreichen, ist nicht gesichert. Und das alles sollen die Parlamente der Euro-Staaten billigen?
Das kann und wird so nicht funktionieren. Stattdessen sollte die Euro-Zone besser einen geordneten Ausstieg für Griechenland organisieren. Das wäre ehrlicher den griechischen und den europäischen Wählern gegenüber. Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt, aber irgendwann stirbt sie eben. Dieser Zeitpunkt ist jetzt leider gekommen.
Sie können unterhalb dieses Artikels einen Kommentar abgeben. Wir freuen uns auf Ihre Meinungsäußerung!