1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Erdogan weiter unter Druck

26. Dezember 2013

Trotz einer umfangreichen Regierungsumbildung wegen einer Korruptionsaffäre kommt die Türkei nicht zur Ruhe. Ministerpräsident Erdogan lehnt jedoch Rücktrittsforderungen, auch aus den eigenen Reihen, ab.

https://p.dw.com/p/1AhDl
Türkei Korruptionsskandal Proteste Istanbul (Foto: EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Die türkische Opposition wirft Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor, mit dem Kabinettsumbau konspirative Ziele zu verfolgen. Der Regierungschef wolle im Kampf um den Machterhalt eine Art Staat im Staate schaffen, sagte der Chef der größten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, türkischen Medien zufolge. Eine zentrale Rolle darin spiele der neu ernannte Innenminister Efkan Ala. Der frühere Gouverneur der Provinz Diyarbakir ist als einziger in Erdogans Kabinett kein Parlamentsabgeordneter und damit nicht direkt dem Wählerwillen verpflichtet.

Wirtschaftsminister Zafer Caglayan, Innenminister Muarrem Güler und Umweltminister Erdogan Bayraktar hatten ihren Rücktritt erklärt, nachdem ihre Söhne ins Visier der Justiz geraten und zwei von ihnen in Untersuchungshaft genommen worden waren. Entlassen wurde zudem der Minister für Europa-Angelegenheiten, Egemen Bagis. Er war in Medienberichten ebenfalls beschuldigt worden, in die Affäre um die staatliche Halkbank verwickelt zu sein.

Schwere Vorwürfe gegen Erdogan

Neu besetzt wurden auch die Spitzen im Justiz-, Familien- und Verkehrsministerium, deren Amtsinhaber bei den Kommunalwahlen im März kandidieren. Auch der Sportminister, der Industrieminister und der stellvertretende Regierungschef wurden ausgetauscht.

Besonders die Umstände des Rücktritts von Umweltminister Bayraktar sorgten am Donnerstag für Schlagzeilen. Bayraktar sagte in einem Telefonat mit einem Fernsehsender, er sei zum Rücktritt gedrängt worden, um die Regierung zu entlasten. Bei den Punkten, die die Ermittler nun untersuchten, habe er meist ohnehin auf Anordnung Erdogans gehandelt.

Auch der Staatsanwalt Muammer Akkas erhob schwere Vorwürfe und deutete systematischen Druck der Polizei auf die Justiz an. Istanbuls Polizeibehörden hätten sich geweigert, die von ihm angeordnete und gerichtlich genehmigte Festnahme weiterer Verdächtiger zu veranlassen, sagte Akkas. Medienberichten zufolge geht es um 30 Verdächtige, darunter mehrere Abgeordnete.

Erdogans Sohn betroffen?

Bayraktar, die Opposition sowie tausende zumeist junge Demonstranten in Istanbul, Ankara und Izmir forderten Erdogan zum Rücktritt auf. Doch der denkt nicht daran. Er hält die Korruptionsermittlungen für eine groß angelegte Verschwörung gegen seine Regierung, seine Partei AKP und die Türkei. Die Zeitung "Hürriyet" zitiert Erdogan mit den Worten, wer gegen ihn vorgehen wolle, werde scheitern. Die Kader der AKP hätten eine reine Weste, "weiß wie Milch".

Bei seiner Amtseinführung deutete auch der neue Innenminister Ala an, die Korruptionsermittlungen könnten aus dem Ausland gesteuert worden sein. Nachbarn der Türkei könnten eifersüchtig auf den Erfolg des Landes reagieren, sagte Ala. Die auch wirtschaftlich erstarkte Türkei strebt vor allem mit Blick auf den Nahen Osten eine zentrale Position in der internationalen Diplomatie an.

Auch nach der Kabinettsumbildung scheint die schwerste Krise in seiner elfjährigen Amtszeit für Erdogan noch längst nicht ausgestanden. Sein Sohn Bilal werde höchstwahrscheinlich das nächste Ziel der Ermittlungen sein, schrieb die oppositionsnahe Zeitung "Cumhuriyet" am Donnerstag. Dabei gehe es um Bauaufträge an eine Nichtregierungsorganisation, die Verbindungen zu dem Politikersohn unterhalte.

Premierminister Türkei Tayyip Erdogan (Foto: AP)
Schwer unter Beschuss: Regierungschef ErdoganBild: picture-alliance/AP Photo

gmf/wl (afp, dpa, rtr)