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Der Tod des Universums

Interview: Carla Bleiker10. August 2015

Die Meldung klingt erschreckend: Unser Universum stirbt! Im DW-Gespräch erklärt Astronom Jochen Liske, warum sich ein genauer Todeszeitpunkt aber nicht wird feststellen lassen.

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Grafik einer leuchtenden Galaxie. (Bild: NASA/JPL-Caltech/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/NASA/JPL-Caltech

DW: Wie hat man herausgefunden, dass unser Universum stirbt?

Jochen Liske: Wir haben uns angeschaut, wie viel Licht von Sternen in einem repräsentativen Ausschnitt des Universums produziert wird. Wenn man das für eine weit entfernte Region des Universums macht, braucht das Licht ein paar Milliarden Jahre bis zu uns - von der Region, die wir uns angeschaut haben, zwei Milliarden Jahre. Wenn man das dann vergleicht mit einer Region des Universums in unserer Nähe, kann man sehen, dass in der weit entfernten Region des Universums mehr Licht produziert wird als heutzutage im Universum.

Und was heißt das? Wie hängt das mit dem "Tod" unseres Universums zusammen?

Sterne brauchen Brennstoff, um zu leuchten. Unsere Sonne betreibt in ihrem Inneren Kernfusion, und dafür braucht sie Brennstoff - und der ist endlich. Im Laufe der Jahrmilliarden, im Laufe der Entwicklung des Universums, frisst sich das Universum sozusagen durch seinen Brennstoff durch und irgendwann geht er zur Neige. Dann ist nicht mehr genug Brennstoff da, um Sterne zu füttern und neue Sterne entstehen zu lassen. Und somit leuchten im Laufe der Zeit immer weniger Sterne, die immer weniger Licht produzieren.

Jochen Liske. (Foto: Martin Kornmesser)
Jochen LiskeBild: Martin Kornmesser

Alle Sterne sind endlich, auch unsere Sonne stirbt irgendwann. Aber wenn die Stern-Entstehungsrate unter der Stern-Sterberate liegt, wird die Anzahl der Sterne immer geringer und somit verringert sich dann auch die Leuchtkraft des Universums.

Was schätzen Sie, wie lange es dauern wird, bis keine Sterne mehr da sind und das Universum stirbt?

Da bricht unsere Analogie von den Sternen und dem Sterben des Universums ein bisschen zusammen. Bei einem Menschen kann man den Todeszeitpunkt genau feststellen - beim Universum ist das nicht so leicht. Es gibt keinen Zeitpunkt in der Zukunft, ab dem man sagen kann: Ab jetzt ist das Universum tot. Es ist mehr ein Dahinsiechen, das sich über einen sehr langen Zeitraum erstreckt. Es wird noch Milliarden Jahre dauern, bis das Universum so dunkel geworden ist, dass wir mit unserer heutigen Technologie nichts mehr zu sehen hätten.

Dann kann man auch gar nicht sagen, was nach dem Tod des Universums kommt?

Genau. Es gibt kein "danach". Aber die langfristige Prognose ist, dass das Universum dunkel und sehr kalt sein wird. Wenn es in zehn Milliarden Jahren noch einen intelligenten Beobachter gibt, der in das Universum gucken kann, dann wird es nicht mehr so irrsinnig viel zu sehen geben.

Es ist nicht so, dass das Universum aufhört zu existieren. Es ist nur einfach nichts mehr da, was leuchtet.

Jochen Liske ist Professor für Beobachtende Astronomie an der Universität Hamburg. Bis vor kurzem arbeitete er an der Europäischen Südsternwarte (ESO).