Etat-Debatte im Angesicht der Schuldenkrise
6. September 2011Es ist ein traditionelles Ritual, das sich jedes Jahr im Spätsommer wiederholt: Die jeweils amtierende Bundesregierung bringt ihren Entwurf für den Bundeshaushalt des Folgejahres in den Bundestag ein. Darüber wird dann debattiert - immer nach demselben Schema: Die Regierung darf ihre Politik verteidigen, die Opposition hält sie dagegen für völlig verfehlt.
Generalabrechnung mit der Regierungspolitik
So wird es wohl auch in dieser Woche wieder laufen. Höhepunkt wird - nach dem Auftakt der Debatte an diesem Dienstag - die Aussprache über den Etat von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch sein. Dass er im kommenden Jahr um gute zwei Prozent steigen soll, wird keine große Rolle spielen. Auch nicht die Tatsache, dass sich sein Ausgabenvolumen auf knappe 1,9 Milliarden Euro summiert.
Traditionell nutzt die Opposition die Debatte über den Kanzleretat nämlich nicht für Kritik an einzelnen Ausgabenposten, sondern für eine Generalabrechnung mit der Arbeit der Bundesregierung. So wird es auch in diesem Jahr kommen, wenn Merkel sich am Mittwoch (07.09.2011) der Kritik der Abgeordneten stellt.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin gab bereits einen Ausblick: "Wir haben es mit der schlechtesten Regierung seit Jahrzehnten zu tun", merkte er zu Beginn der Haushaltswoche an. Es ist zu erwarten, dass er diese persönliche Zwischenbilanz, die er nach zwei Jahren schwarz-gelb zieht, im Parlament noch vertiefen wird. Angesichts der nach wie vor angespannten Schuldensituation in anderen europäischen Ländern dürfte bei der Haushaltsdebatte außerdem die Euro-Schuldenkrise eine zentrale Rolle spielen.
305,8 Mrd. + 0,2 Mrd. = 306 Mrd. Euro!
Und dann geht es natürlich auch um die nüchternen Fakten - sprich: Um jede Menge Zahlen, zusammengefasst in einem mehr als 1000 Seiten langen Haushaltsentwurf. Danach soll der Etat 2012 Ausgaben in Höhe von 306 Milliarden Euro umfassen - ein Plus von 0,1 Prozent gegenüber dem laufenden Jahr. Dickster Brocken bleibt der Etat für Arbeit und Soziales mit 126,6 Milliarden Euro - selbst wenn er um 3,6 Prozent niedriger ausfällt als in diesem Jahr. Größter Einzelposten insgesamt im Bundesetat: Die Leistungen des Bundes an die gesetzliche Rentenversicherung. Mit 81,8 Milliarden Euro verschlingen sie mehr als ein Viertel des Gesamtetats.
Auch die Zinszahlungen des Bundes auf seinen insgesamt 1,3 Billionen Euro hohen Schuldenberg schlagen zu Buche: Sie werden sich im kommenden Jahr auf rund 40 Milliarden Euro summieren. Zumindest soll der Schuldenberg künftig langsamer steigen: Die Netto-Neuverschuldung wird im Regierungsentwurf für 2012 mit 27,2 Milliarden Euro angegeben und damit deutlich niedriger als die 48,4 Milliarden, die für dieses Jahr veranschlagt sind. Die Haushaltsexperten von CDU/CSU und FDP haben zudem bereits angekündigt, dass sie die Verschuldung noch weiter drücken wollen.
Deutschland, der "Stabilitätsanker"
Zum Auftakt der Debatte an diesem Dienstag kündigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble jedenfalls eine konsequente Einhaltung der Schuldenbremse an. Dies sei entscheidend, um die europäische Schuldenkrise dauerhaft zu lindern, sagte Schäuble. Deutschland werde in Europa seine Rolle als Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive auch weiterhin spielen.
Autor: Frank Wörner (dpa, rtr)
Redaktion: Christian Walz