EU-Ausschuss: Illegale CIA-Flüge erwiesen
26. April 2006Nach seinen bisherigen Untersuchungen geht der CIA-Sonderausschuss des EU-Parlaments davon aus, dass die CIA gesetzwidrige Gefangenenflüge in Europa durchgeführt hat. Der US-Geheimdienst sei "eindeutig verantwortlich für die Entführung und illegale Gefangennahme mutmaßlicher Terroristen auf dem Gebiet der EU-Mitgliedstaaten sowie außerordentliche Überstellungen, wobei es sich in mehreren Fällen um europäische Staatsbürger handelt", heißt es in einem am Mittwoch vorgelegten Zwischenbericht. Man geht von mehr als 1000 CIA-Flügen aus, davon mehr als 400 in Deutschland. Dabei sei internationales Recht verletzt worden.
Europa mitschuldig
Es sei unwahrscheinlich, dass "gewisse europäische Regierungen" keine Kenntnis von den Vorgängen gehabt hätten, stellt der italienische Europa-Abgeordneten Giovanni Claudio Fava (SPE) als Leiter des Ausschusses fest. Einige Länder hätten den CIA-Agenten sogar bei der Auslieferung von Terrorverdächtigen in "Folterländer" wie Ägypten, Jordanien oder Syrien geholfen. So habe Schweden in Kenntnis drohender Folter ägyptische Staatsbürger an CIA-Mitarbeiter übergeben. Ebenso habe Bosnien-Herzegowina im Fall von sechs Algeriern gehandelt, die über die rheinland-pfälzische US-Basis Ramstein ins Gefangenenlager Guantánamo gebracht worden waren und dort nach wie vor festgehalten werden.
Existiert geheimes Dossier der Bundeswehr?
Nach einer Aussage des US-Anwalts Stephen Olesky, der die sechs Algerier vertritt, hatten Angehörige der Bundeswehr bereits im Jahr 2003 von der Gefangennahme gewusst. In der Folge forderten deutsche Bundestags- und Europaabgeordnete die Bundesregierung zur Reaktion auf. "Falls es tatsächlich ein geheimes Dossier dazu gibt, muss uns dieses das Auswärtige Amt zur Verfügung stellen", sagte die CDU-Europaabgeordnete Ewa Klamt und forderte gleichzeitig, die europäischen Untersuchungen mit denen des Bundestagsuntersuchungsausschusses zu verzahnen.
Der Zwischenbericht des Europaparlaments beruft sich auf die Aussagen einer Reihe von Zeugen, die durch den Ausschuss befragt wurden - darunter auch der Deutsch-Libanese Khalid el-Masri. El-Masri war nach eigenen Angaben in Mazedonien verhaftet und nach Afghanistan gebracht worden. Dort hätten ihn die US-Behörden unter Terror-Verdacht festgehalten. Die Staatsanwaltschaft München hat sich in den Fall eingeschaltet und ermittelt wegen Freiheitsberaubung.
Der CIA-Sonderausschuss hatte seine Untersuchungen vor vier Monaten begonnen. Parallel läuft eine Untersuchung des Europarats zu möglichen Verstößen gegen die Europäische Konvention und die Menschenrechte. (kih)