EU-Außenpolitik ist ein mühsames Geschäft
7. September 2003Das Thema Nahost, das schon lange auf der Tagesordnung des Außenministertreffens der Europäischen Union stand, erhielt überraschende Aktualität. Nach dem Rücktritt des palästinensischen Ministerpräsidenten Mahmud Abbas zeigten sich die Europäer enttäuscht darüber, dass die Umsetzung der 'road-map', also des Friedensplanes, der von der EU unterstützt wird, erneut einen Rückschlag erlitten hat.
Der italienische Gastgeber, Franco Frattini sagte: "Wir Europäer sind sehr besorgt. Wir denken über eine politische Initiative nach, die wir jetzt starten sollten. Wir schlussfolgern, dass wir als Europa stärker im Nahen Osten präsent sein müssen." Frattini sagte, die 25 Außenminister der jetzigen und künftigen EU-Staaten seien enttäuscht, dass die Sicherheitsdienste der Palästinenser immer noch nicht unter einheitlicher Kontrolle stünden. Das müsse jetzt erreicht werden.
"Road Map" darf nicht scheitern
Bundesaußenminister Joschka Fischer hofft unterdessen, dass die "road-map" mit Abbas Rücktritt noch nicht tot ist: "Es wird darum gehen, dass wir daran festhalten, und da waren sich die Europäischen Außenminister einig, an der Umsetzung der 'road-map'. Der in Gang gesetzte politische Prozeß dürfe jetzt nicht scheitern, denn die Alternativen dazu seien viel schlimmer, befürchtete Fischer. Hinsichtlich der palästinensischen Hamas hat die Union einen Konsens gefunden. "Sie wird auf die Liste der Terror-Organisationen gesetzt mit allen Konsequenzen für die Organisationen, die sie finanzieren", erläuterte Franco Frattini, der Vorsitzende der Außenministerrunde.
Die EU folgt mit dem Einfrieren der Konten und Finanzierungskanäle der Hamas in Europa einem Vorschlag Großbritanniens. Eine Sprecherin der EU sagte, die Union leiste keine direkten Zahlungen an die Hamas. Sie kenne keine offiziellen Bankkonten der Organisation in Europa. Die EU wird jedoch weiterhin mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat und jedem Ministerpräsidenten, den er einsetzt, Kontakt halten, wie Joschka Fischer betonte: "Der Gesprächspartner ist der Premierminister, und wie der in Zukunft heißen wird, bleibt abzuwarten." Israel und die USA hatten zuvor erklärt, sie würden nicht mehr mit Arafat verhandeln. Der Beauftragte der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, besucht bereits an diesem Wochenende Ägypten, um über die Chancen für den Nahost-Friedensprozeß zu beraten.
Keine einheitliche Irak-Position
Beim Thema Irak hingegen haben die EU-Außenminister im idyllischen Urlaubsort Riva am Gardasee keine einheitliche Position erreichen können. Frankreich und Deutschland lehnen eine multinationale Truppe unter dem Kommando der USA, auch wenn mit UN-Mandat, weiter ab.
Bundesaußenminister Fischer sagte, er habe mit dem amerikanischen Außenminister Colin Powell telefoniert, die Verhandlungen würden jetzt in New York weitergehen. Ob es gelingen werde, einen neuen Ansatz in der Irak-Politik zu finden, wagte Fischer noch nicht zu sagen. "Auf jeden Fall gehen wir da mit einer konstruktiven Grundhaltung in die Verhandlungen im Sicherheitsrat", zeigte der deutsche Außenminister sich zuversichtlich.
Sicherstellung der irakischen Souveränität
Frankreich will möglichst schnell ein Ende der amerikanisch-britischen Besatzung im Irak erreichen. Die Iraker müssten die Regierungsverantwortung selber übernehmen, meinen alle EU-Außenminister, nur wann und zu welchen Bedingungen, ist nach wie vor umstritten. Den Minimalkonsens der EU fasste der amtierende Vorsitzende des Außenministerrates, Franco Frattini, so zusammen: "Das erste Ziel muss sein, dass das irakische Volk so schnell wie möglich Herr der eigenen Regierung und des poltischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Wiederaufbaus wird. Das bedeutet die Sicherstellung der irakischen Souveränität."
Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana berichtete außerdem von seiner Reise in den Iran vor einer Woche. Er zeigte sich besorgt über das iranische Atomprogramm und forderte die Regierung in Teheran auf, stärker mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA)bei der Kontrolle von Reaktoren zu kooperieren.