EU-Krisennachbarn
31. Januar 2013Nach wie vor ist der Mali-Einsatz fast ausschließlich ein französischer Einsatz. Immer mehr europäische Länder haben zwar Unterstützung zugesagt. Aber das sind vergleichsweise kleine Beiträge, und es sind bisher auch keine Kampftruppen. Die Zeit drängt. Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger sagte: "Wir brauchen stabile Verhältnisse. Wenn sich im Norden von Mali eine Art Terroristencamp in Afrika verfestigt, das dann die ganze Welt in Atem hält, kann das niemandem gleichgültig sein." Er nannte die kürzliche Geiselnahme im Nachbarland Algerien als Beispiel in diesem Zusammenhang.
Sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle hält es im Moment für "die beste Entlastung Frankreichs, die afrikanischen Truppen zu befähigen, ihrer Verantwortung im Norden Malis nachkommen zu können." Mit einer Ausbildungsmission will die EU afrikanische Soldaten in die Lage versetzen, den Norden Malis zurückerobern. Die Mission wird voraussichtlich im März beginnen.
Keine Vergeltung an Rebellen
Die EU betont aber, es komme in Mali nicht allein auf die militärische Seite an. Westerwelle meinte: "Dauerhaft wird es nur eine Stabilisierung Malis geben, wenn auch die politische Lösung im Mittelpunkt der internationalen Bemühungen steht." Die EU-Außenrepräsentantin Catherine Ashton sprach von einer EU-Gesamtstrategie für die ganze Sahelzone. Darin gehe es um humanitäre Hilfe und Entwicklung ebenso wie um die militärische Ausbildungsmission und die Entwicklung demokratischer Strukturen.
Die EU erwartet von der malischen Regierung, dass sie, sobald das Land stabilisiert ist, einen Dialog mit den Aufständischen beginnt und Wahlen vorbereitet. Die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgieva, war selbst vor wenigen Tagen in Mali, um sich ein Bild von der Lage für die einfache Bevölkerung zu machen. Sie forderte, das Militär müsse unbedingt Hilfsmaßnahmen im Norden zulassen. Zugleich warnte sie die malischen Soldaten vor Racheakten an den Rebellen. Gerade wegen der "langen Geschichte ethnischer Spannungen" in Mali würden die europäischen Militärausbilder bei den Afrikanern auf die Einhaltung des Völkerrechts achten. Die Außenminister forderten die malische Regierung auf, Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen nachzugehen.
Aufweichung des syrischen Waffenembargos?
Während die Außenminister beim Thema Mali den Eindruck haben, dass "die Dinge vorangehen", wie sich der Franzose Laurent Fabius zufrieden ausdrückte, gab man sich bei Syrien pessimistisch. Der belgische Minister Didier Reynders rechnet noch mit einem "langen Bürgerkrieg". In dieser Situation hat Frankreich gefordert, das Waffenembargo zu beenden, das die EU über Syrien verhängt hat und das damit auch die syrischen Aufständischen trifft. Großbritannien und Italien haben ebenfalls Sympathien dafür erkennen lassen. Doch die übrigen Minister haben sich eher ablehnend geäußert.
Der Niederländer Frans Timmermans hält es für "unklug, jetzt das Waffenembargo aufzuheben, denn das könnte zu einer Weiterverbreitung von Waffen in der Region führen und die Lage noch weiter verschärfen." Er sehe aber auch, dass die Regierungsseite Waffen aus dem Ausland bekomme und sich die Rebellen schon deswegen im Nachteil sähen. Westerwelle schien einen Schwenk in der Haltung der Bundesregierung anzudeuten, indem er sagte, man müsse die "berechtigten Interessen" der Opposition "nicht nur politisch, sondern auch tatsächlich unterstützen".
Deutscher Positionswechsel?
Im März läuft das Embargo aus. Bei der kommenden Ratssitzung am 18. Februar werden die Minister also um eine offene Debatte nicht herumkommen. Eine entscheidende Wende in Syrien erhoffen sich die meisten aber nur von Russland, das Präsident Baschar al-Assad bisher unterstützt hat. Der Belgier Reynders sieht inzwischen eine "gewisse Distanz" zwischen Moskau und Damaskus, aber nicht mehr. "An Russland führt kein Weg vorbei", so Österreichs Minister Spindelegger. Westerwelle äußerte sich auch erstmals zu dem angeblichen israelischen Luftangriff auf eine syrische militärische Forschungsanlage. Trotz aller Vorbehalte wegen der unsicheren Informationslage warnte Westerwelle Israel indirekt vor solchen Militärschlägen: "Jeder muss seine Verantwortung kennen, und jetzt ist die Stunde der Deeskalation", so der Minister.
Belohnung Ägyptens bei Demokratisierung
Sorge bereitet der EU auch die Situation in Ägypten. Dort werden die Proteste gegen das zunehmend autoritäre Vorgehen Präsident Mohammed Mursis immer gewalttätiger. Mursi hatte bei einem Besuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch (30.01.2013) in Berlin versprochen, Ägypten in Richtung eines zivilen, demokratischen Rechtsstaats zu führen. Doch Mursis Verhalten im eigenen Land überzeugt die EU offenbar kaum. Der britische Außenminister William Hague wollte zwar keine Lehren erteilen: "Ägypten ist ein souveränes Land. Die Ägypter müssen selbst über ihre Zukunft entscheiden." Aber: "Wir alle wollen einen erfolgreichen Dialog sehen, Konsens, den demokratischen, rechtsstaatlichen Weg nach vorn." Hague deutete an, finanzielle Hilfe werde von demokratischen Fortschritten abhängig sein. Das war auch das Ergebnis von Mursis Berlin-Besuch gewesen. Die EU hofft offenbar, dass Mursi, wenn vielleicht nicht aus demokratischer Überzeugung, dann doch aus wirtschaftlicher Not die Erwartungen Europas erfüllen wird.