EU-Kommission geht gegen deutsche Maut-Pläne vor
18. Juni 2015
Die EU-Kommission leitet wegen der Pkw-Maut ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Man habe "erhebliche Zweifel", dass die Mautpläne dem EU-Recht entsprechen, teilte die Verkehrskommissarin der Europäischen Union, Violeta Bulc, in Brüssel mit. Die Behörde geht davon aus, dass bei der Umsetzung eines solchen Gesetzes Fahrer aus dem Ausland benachteiligt würden.
"Eine Straßennutzungsgebühr ist nur dann EU-rechtskonform, wenn sie nicht auf Grund der Staatsangehörigkeit diskriminiert", erklärte Bulc weiter. Daran hat sie bei den deutschen Plänen aus zwei Gründen Zweifel: Zum einen müssten in Deutschland registrierte Fahrer zwar eine Jahresvignette für durchschnittlich 74 Euro kaufen. Anders als ausländische Fahrer könnten sie diese Gebühren aber ausgleichen, weil sie bei der Kfz-Steuer entsprechend entlastet würden. Zum zweiten seien die Preise für Kurzzeitvignetten, die typischerweise für Ausländer vorgesehen seien, überproportional teuer, ergänzte Bulc.
Worst case: Klage vor dem EuGH
Zu dem Prozedere hieß es aus Kommissionskreisen im Vorfeld, Deutschland erhalte zunächst ein Mahnschreiben aus Brüssel. Berlin müsse anschließend innerhalb von acht Wochen Stellung beziehen. Können sich beide Seiten nicht einigen, droht Deutschland am Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Kommission kündigte aber an, sei sie "weiterhin bereit, in dieser Angelegenheit konstruktiv mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten".
Dobrindt: Keine Maut bis 2016
In weiser Voraussicht sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zuvor der "Bild"-Zeitung: "Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe." Der CSU-Politiker betonte: "Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten." Damit sei ein Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 nicht mehr möglich. Der Minister kündigte aber an, sich nicht so schnell geschlagen zu geben: "Ich werde mit Brüssel eine harte Auseinandersetzung führen."
Ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren war nicht möglich, solange die deutschen Gesetze nicht fertig vorlagen. Vergangene Woche wurden diese dann von Bundespräsident Joachim Gauck ausgefertigt - und der Weg war frei für ein Verfahren.
nin/se (dpa, afp)