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EU-Rechnungshof sieht Verschwendung

Christoph Hasselbach7. November 2012

Der Chef des Europäischen Rechnungshofs, Caldeira, spricht von "Fehlern" in der Ausgabenpolitik. Er sieht die Schuld auch bei den Mitgliedsstaaten und fordert bessere Kontrollen.

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Die Flaggen der EU-Mitgliedsländer wehen vor dem Gebäude des Europäischen Rechnungshofes (EuRH) in Luxemburg (Foto: picture alliance/dpa)
Europäischer Rechnungshof in LuxemburgBild: picture-alliance/dpa

Es ist zwar nur ein Routine-Jahresbericht, doch der Europäische Rechnungshof ist sich der Brisanz des Zeitpunkts bewusst: Ende des Monats beraten die EU-Staats- und Regierungschefs über den nächsten "mehrjährigen Finanzrahmen", den EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020. Der Druck vieler Regierungen, nicht nur bei ihren nationalen Staatsausgaben, sondern auch beim EU-Budget zu sparen, ist groß. Und jede aufgedeckte Verschwendung ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die der EU einen allzu sorglosen Umgang mit Steuergeldern vorwerfen.

5 Milliarden Euro "nicht optimal eingesetzt"

"Bei schätzungsweise 3,9 Prozent der EU-Gesamtausgaben im Jahr 2011 hat es Fehler gegeben", sagt Rechnungshofmitarbeiterin Kersti Kaljulaid, das sind 0,2 Prozent mehr als im Jahr davor, oder in absoluten Zahlen rund fünf Milliarden Euro von einem Gesamtbudget von circa 130 Milliarden Euro. Die meisten Fehler wurden in den Bereichen aufgedeckt, in die auch die meisten europäischen Gelder fließen, in der Landwirtschaft und bei großen Infrastrukturprojekten. "Schwere Fehler", so Kaljulaid, "sind zum Beispiel die Verletzung von Regeln bei öffentlichen Beschaffungen, falsche Kostenkalkulationen bei von der EU mitfinanzierten Projekten oder - in der Landwirtschaft - zu hohe Angaben bei der Nutzfläche oder beim Bestand von Tieren." So werde etwa der Wettbewerbsdruck europaweiter Ausschreibungen öfter mal umgangen, und in einem Fall habe sich ein landwirtschaftliches Gebäude als Wohnhaus herausgestellt. Hier wie dort fällt es etwas schwer, nicht an eine betrügerische Absicht zu glauben.

Vitor Caldeira, Präsident des EU-Rechnungshofes (Foto: picture alliance/dpa)
Vitor Caldeira, Präsident des EU-RechnungshofesBild: picture-alliance/dpa

Nicht jeder Fehler ist Betrug

Doch Rechnungshofpräsident Vítor Caldeira betont: "Fehler sind nicht gleich Betrug", jedenfalls nicht notwendigerweise. Sollte es aber einen Betrugsverdacht geben, setze sich der Rechnungshof mit der europäischen Betrugsermittlungsbehörde OLAF in Verbindung. Zunächst einmal gehe es um Fälle, "bei denen Gelder zweckentfremdet oder nicht optimal ausgegeben wurden." Dennoch hält der Rechnungshof natürlich jeden Fehler, egal, ob er sich später als Betrug oder schlicht als Irrtum herausstellt, für einen zuviel. Als Grund macht der Bericht aus, dass die Kontrolle der Mitgliedsstaaten und der Kommission "nur bedingt wirksam" seien. Der Rechnungshof zieht daraus den Schluss: "Die Mitgliedsstaaten und die Kommission müssen das Finanzmanagement im Bereich der Ausgaben verbessern." Im Klartext heißt das nicht nur eine bessere Kontrolle, sondern auch klarere, einfachere Regeln.

Gelegenheit zum Systemwechsel?

In den Finanzverhandlungen sieht der Rechnungshofpräsident eine "goldene Gelegenheit" für einen Systemwechsel. Bisher gehe es bei der Bewilligung von Geldern hauptsächlich darum, europäische und nationale Vergabebestimmungen zu erfüllen. Caldeira will stattdessen "ein ergebnisorientiertes System, bei dem es vor allem auf den erreichten Effekt ankommt." In den europäischen Budgetstreit will sich Caldeira nicht einmischen: "Als Rechnungsprüfer haben wir nicht die Aufgabe zu sagen, wie groß der Kuchen sein oder wie er aufgeteilt werden sollte. Wir können nur sagen: 'Backt den Kuchen mit guten Zutaten, und backt ihn richtig.'"

Gruppenbild der EU-Staats- und Regierungschefs (Foto: Reuters)
Die EU streitet erbittert ums BudgetBild: Reuters

Den deutschen christdemokratischen Europaabgeordneten Inge Grässle und Markus Pieper reichen die Verbesserungsvorschläge des Rechnungshofes nicht aus. Sie wollen die Zahlung von EU-Mitteln von einer gut funktionierenden Verwaltung in den Mitgliedsstaaten abhängig machen. "Für eine nachweislich schlechte Verwaltung darf es kein EU-Geld geben", so die beiden Parlamentarier.