EU-Sanktionen gegen Venezuela
13. November 2017Nach den USA hat auch die EU Sanktionen gegen Venezuela verhängt. Die Strafmaßnahmen umfassen ein Waffenembargo sowie Vorbereitungen für Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Geldern, wie die EU-Außenminister in Brüssel mitteilten. Wen genau die Reisebeschränkungen und Finanzsanktionen treffen können, blieb zunächst unklar. Keine der Sanktionen soll der Erklärung zufolge die Lage der Bevölkerung verschlechtern.
Die EU-Außenminister bekräftigten zugleich ihre bisherige Haltung, wonach der seit Monaten anhaltende Machtkampf zwischen Regierung und Opposition friedlich gelöst werden muss. Besorgt zeigten sie sich unter anderem über den Ablauf der Regionalwahlen Mitte Oktober und die Verfassungsgebende Versammlung.
Demokratie wiederherstellen
Das vom sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro (Artikelbild) forcierte Gremium wird von der EU nicht anerkannt und bildet einen Gegenpol zur Nationalversammlung, die von der bürgerlichen Opposition dominiert wird und faktisch von der Regierung entmachtet wurde. Die EU-Minister drängten die Regierung Maduro dazu, die demokratische Legitimität wiederherzustellen.
Zu diesen Problemen kommt noch das finanzielle Desaster des südamerikanischen Landes. Venezuela muss bis zu diesem Montag Schulden in Milliardenhöhe begleichen, sonst droht der Staatsbankrott. Die Regierung hat noch einen Versuch gestartet, das Ruder herumzureißen und seine Geldgeber in die Hauptstadt Caracas eingeladen, um die Rückzahlung von 60 Milliarden Dollar Auslandsschulden neu zu verhandeln. Ein eigens dafür gegründeter Ausschuss werde sich mit den Investoren treffen, teilte Finanzminister Simon Zerpa mit.
Sanktionen gegen die Verhandlungsführer
Für viele Geldgeber ist die Teilnahme aber ein Problem, denn offenbar wird neben Zerpa auch Vize-Präsident Tareck El Aissami mit am Tisch sitzen. Beide stehen auf der US-Sanktionsliste, die ihnen Korruption und Drogenhandel vorwirft. Geldgebern mit Sitz in den USA ist es somit verboten, Vereinbarungen mit den beiden abzuschließen.
Präsident Nicolas Maduro erklärte, dass 414 Investoren ihre Teilnahme angekündigt hätten, diese hielten "etwa 91 Prozent der Schuldenlast". Nach Nachfragen der Nachrichtenagentur Reuters scheint aber eine "überwältigende" Zahl von Investoren nicht bereit zu sein, an dem Treffen teilzunehmen.
Was will Maduro?
Beobachter haben sich bereits skeptisch geäußert, ob Maduro tatsächlich eine Umschuldung anstrebt. Erst vor einer Woche hatte der Präsident angesichts einer katastrophalen Wirtschaftslage und Versorgungsengpässen angekündigt, die Schulden nicht wie vereinbart zurückzuzahlen. Jetzt also eine Kehrtwende und die Erklärung, Venezuela werde "niemals" zahlungsunfähig. "Unsere Strategie ist es, neu zu verhandeln und die Schulden zu refinanzieren", so Maduro.
Ausschluss vom Finanzmarkt
Venezuela riskiert mit seinem Vorgehen aber die größte Staatspleite Lateinamerikas seit dem Zahlungsausfall Argentiniens im Jahr 2001.Ein Land gilt als bankrott, wenn es seine fälligen Schulden nicht mehr begleichen oder den Zinszahlungen nicht mehr nachkommen kann. Betroffene Gläubiger können internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) sein. Im Fall von Venezuela, das seit 2007 mit dem IWF gebrochen hat, sind es Anleihen von privaten Investoren auf dem Finanzmarkt, die Probleme bereiten. Das südamerikanische Land befindet sich "teilweise" im Zahlungsverzug. Solche Fälle sind allerdings keine Seltenheit. Seit 1999 hat die Rating-Agentur Standard and Poor's 26 teilweise Zahlungsverzüge von Staaten festgestellt.
Einem insolventen Land wird mit sofortiger Wirkung der Zugang zum internationalen Finanzmarkt verwehrt. Es kann sich also kein neues Geld leihen. Im Fall von Venezuela hat Washington Caracas bereits vom US-Finanzmarkt ausgeschlossen. Eine Staatspleite kann auch zu internationalen Sanktionen, in erster Linie geschäftlichen Vergeltungsmaßnahmen von Gläubiger-Herkunftsstaaten führen. Außerdem würde Venezuelas Reputation und somit seine Kreditwürdigkeit auf Jahre beeinträchtigt.
fab/ar/rk (rtr, afp)