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Politik

EuGH rügt Ungarn erneut wegen Asylrecht

22. September 2022

Diesmal befasste sich der Europäische Gerichtshof mit dem Fall eines Syrers, dessen Flüchtlingsstatus aberkannt wurde, weil die Sicherheitsbehörden darauf drangen.

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Ungarn Budapest | Parlamentsgebäude
Bereits in früheren Urteilen hatte der EuGH Asylgesetze des ungarischen Parlaments (Archivbild) gekipptBild: Daniel Kalker/dpa/picture alliance

Ungarn verstößt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs mit einer weiteren Asylregel gegen EU-Recht. Wird einem Flüchtling der internationale Schutz wieder aberkannt, weil nationale Sicherheitsbehörden dies verlangen, muss er - in Abwägung mit staatlichen Interessen - die Gründe erfahren und Akteneinsicht erhalten, entschieden die Luxemburger Richter.

Hintergrund ist der Fall eines Syrers, der 2002 in Ungarn wegen eines Drogendelikts zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war. 2012 bekam er den Status eines Flüchtlings, 2019 wurde ihm der Schutz wieder aberkannt. Die Entscheidung stützte sich auf Stellungnahmen des Verfassungsschutzes und der Terrorabwehr, wonach der Betroffene die nationale Sicherheit gefährde. Der Mann klagte gegen den Beschluss, woraufhin ein ungarisches Gericht den EuGH anrief.

Akteneinsicht mit Verzögerung

Das höchste EU-Gericht befand es nun für unrechtmäßig, dass die Gründe für die Entscheidung nicht genannt wurden und der Syrer beziehungsweise dessen Rechtsberater nur nachträglich und nach Genehmigung die Akten einsehen konnte. Nach einer ungarischen Regelung ist die Asylbehörde verpflichtet, den Antrag auf internationalen Schutz abzulehnen oder den Schutz nachträglich abzuerkennen, wenn Sicherheitsbehörden das fordern. Diese Stellen müssen nicht darlegen, wie sie zu ihrer Einschätzung gelangt sind.

Ungarn Budapest | Abstimmung Migrationsgesetz
Immer wieder hat der ungarische Regierungschef Viktor Orban (vorne rechts) gegen Flüchtlinge polemisiert (Archivbild)Bild: Szilard Koszticsak/MTI/AP/picture alliance

Der EuGH stellte dagegen fest, es sei allein Sache der Asylbehörde, internationalen Schutz zu prüfen: Sie müsse ihre Bescheide begründen und dürfe sich nicht darauf beschränken, von anderen Behörden gefällte Entscheidungen umzusetzen.

Überdies sei bei einer Beschränkung der Akteneinsicht zu gewährleisten, dass die Verteidigungsrechte von Betroffenen nicht missachtet werden. Zulässig sei indes, "dass bestimmte Aktenbestandteile der betroffenen Person nicht mitgeteilt werden, wenn die Offenlegung dieser Bestandteile geeignet ist, die nationale Sicherheit des betreffenden Mitgliedstaats unmittelbar und besonders zu beeinträchtigen", so die Richter. Der EuGH hatte in früheren Urteilen bereits wesentliche Teile des ungarischen Asylsystems gekippt.

jj/kle (dpa, afp, EuGH)