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Politik

Europarat reagiert auf Korruptionsvorwürfe

23. April 2018

Der Vorwurf wiegt schwer: Haben Abgeordnete des Gremiums Schmiergeld fürs Wegsehen erhalten? Die unter Verdacht stehenden aktiven Europaratsmitglieder sollen ihr Mandat vorerst ruhen lassen.

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Frankreich Europaparlament in Straßbourg
Bild: picture-alliance/dpa/W. Rothermel

Eine unabhängige Untersuchungskommission in Straßburg kommt zu dem Ergebnis, dass mehrere aktive und ehemalige Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarats von Aserbaidschan Geld bekommen haben. Als Gegenleistung sollen sie dem autoritären Regime bei Wahlbeobachtungen sogenannte "Persilscheine" ausgestellt haben und die Regierenden in einem positiven Licht dargestellt haben.

Nach der Veröffentlichung des vernichtenden Berichts über Korruption im Europarat, zu dessen Aufgaben es eigentlich auch gehört, genau dagegen vorzugehen, hat die Organisation erste Konsequenzen gezogen. Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung, die sich unethisch verhalten oder nicht an der Aufklärung der Korruptionsvorwürfe mitgewirkt hätten, sollten ihr Mandat vorerst ruhen lassen, sagte deren Präsident , Michele Nicoletti, in Straßburg.

CDU-Bundestagsabgeordnete unter Druck

Konkrete Vorwürfe erheben die Autoren des Untersuchungsberichts - drei unabhängige und angesehene Richter - gegen fünf gegenwärtige Mitglieder der Parlamentarier-Versammlung. Unter ihnen ist der frühere Präsident des Europarates, Pedro Agramunt - der ein häufiger Gast in Baku war. Die Sonderermittler belasten auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz schwer, die seit Anfang des Jahres aber kein Europaratsmitglied mehr ist.

Strenz wird in dem Text namentlich erwähnt - wegen Interessenskonflikten, die sie nicht offengelegt haben soll. Sie soll über Umwege Geld aus Aserbaidschan erhalten haben, für Lobby-Arbeit zugunsten der autoritären Führung in Baku. Dennoch nahm sie 2015 an einer Wahlbeobachtungskommission der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Aserbaidschan teil, was gegen die Regeln über Interessenkonflikte verstieß.

Politiker von SPD und Grünen forderten, Strenz müsse entweder für eine "umfassende Aufklärung" sorgen oder auf ihr Bundestagsmandat verzichten. Auch aus der Unionsfraktion im Bundestag bekam Strenz keine Rückendeckung. Man nehme mit Bedauern zur Kenntnis, dass sie gegen die Verhaltensregeln der Parlamentarischen Versammlung verstoßen habe, teilte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, mit. 

Deutschland  Karin Strenz auf der Landesvertreterversammlung der CDU Mecklenburg Vorpommern
Karin Strenz bestreitet, dass sie sich korrupt verhalten hatBild: imago/BildFunkMV

Die Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern hat die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. Sie habe nicht bewusst Geld aus Aserbaidschan angenommen, teilte Strenz mit.

Lobbyarbeit für Aserbaidschans Führung

In dem rund 200 Seiten langen Untersuchungsbericht heißt es, es gebe den "starken Verdacht", dass sich mehrere gegenwärtige und frühere Mitglieder der Versammlung "korrupten Aktivitäten zugunsten Aserbaidschans" hingegeben hätten. Die Rede ist von Geldzuwendungen aber auch von Einladungen in Luxus-Hotels und teuren Geschenken. Dank seiner "Kaviar-Diplomatie" sei es  der Führung des ölreichen Landes gelungen, kritische Berichte über Wahlen und Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan zu verhindern.

Dem Europarat mit Sitz in Straßburg gehören 324 nationale Abgeordnete aus 47 Mitgliedsländern an. Darunter sind alle EU-Staaten, daneben aber auch Länder wie die Türkei, Russland oder Aserbaidschan. Das Gremium hat keine legislativen Befugnisse, versteht sich aber als "Gewissen Europas". Der Europarat setzt sich für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ein. Dazu gehört auch der Kampf gegen Korruption.

qu/kle (dpa, afp)