Partnersuche
7. Mai 2009Wenn Russlands Außenminister Sergej Lawrow die Wörter "Östliche Partnerschaft" hört, blickt er stets ganz besonders ernst drein. Diese Partnerschaft haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten am Donnerstag (07.05.2009) in Prag feierlich gegründet - allen Bedenken Moskaus zum Trotz. "Wir sind besorgt über die Kommentare, die wir dazu aus der EU hören", orakelte Lawrow noch vor wenigen Tagen in Luxemburg. Zuvor hatte er die EU vor dem Versuch gewarnt, nach neuen "Einflusszonen" in der einstigen Sowjetunion zu streben.
Die Ost-Partnerschaft umfasst Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, die Ukraine und Weißrussland. Bundeskanzlerin Angela Merkel rief die Partnerländer beim Gründungstreffen zur Achtung der Menschenrechte und der Demokratie auf.
Die Idee einer "EU-Partnerschaft" war nach dem russischen Einmarsch in Georgien vom August 2008 vor allem auf Drängen des französischen Präsidenten und damaligen EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy geboren worden, um mehr Stabilität jenseits der EU-Grenzen zu schaffen.
Sie soll die sechs östlichen Länder näher an die EU heranführen. Die Union bietet im Gegenzug zu demokratischen Reformen weitreichende Assoziierungsabkommen, Hilfe beim Aufbau funktionierender staatlicher Strukturen und die Finanzierung gemeinsamer Projekte an. Bis 2013 sollen dafür 600 Millionen Euro ausgegeben werden. Die Partnerschaft soll auch zu mehr Zusammenarbeit zwischen den sechs Nicht-EU-Ländern führen.
Ringen um Einflusszonen?
Russland ist das jedoch ein Dorn im Auge: Zwar habe die Europäische Union seine Befürchtung, dass sie damit ihre Einflusssphäre nach Osten ausweiten wollte, zurückgewiesen, "und wir würden das gern glauben", sagte Lawrow am Dienstag nach Beratungen mit EU-Vertretern in Luxemburg. "Aber einiges, was in Bezug auf diese Partnerschaft auf EU-Seite gesagt worden ist, macht uns Sorgen", fügte der russische Außenminister hinzu. Dazu sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: "Wir leben nicht mehr im Kalten Krieg. Alle Länder in Europa sind frei zu wählen, wo sie sein möchten und mit wem sie zusammenarbeiten möchten." Die Zeit von Einflusssphären in Europa sei endgültig vorbei, es gehe um die Stabilität eines ganzen Kontinentes.
Diese Stabilität ist der EU vor allem im Hinblick auf ihre Energieversorgung wichtig, die zu mehr als 50 Prozent auf Importen aus dem Osten beruht. Das Projekt der neuen Partnerschaft wurde nach den Unterbrechungen der Gaspipeline durch die Ukraine zur Jahreswende besonders vorangetrieben. Mehrere der Partnerländer sind für die von der EU geplante "Nabucco"-Pipeline wichtig. "Das Problem ist, dass immer auch die Beziehungen zu Russland mitspielen", sagt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Und fügt hinzu: "Von den sechs Ländern sind mindestens vier in der Krise." Armenien und Aserbaidschan streiten sie sich um die armenische Enklave Berg-Karabach in Aserbaidschan. Georgien liegt mit Russland im Streit um die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien, die von Moskau als unabhängige Staaten anerkannt werden. Moldawien streitet im Osten wegen des abtrünnigen Transnistrien mit Russland, im Westen mit Rumänien. Weißrussland und die Ukraine leiden unter erheblichen inneren Spannungen.
Kleinster gemeinsamer Nenner
Wegen interner Streitereien konnten sich aber die EU und ihre neuen Partner im Osten letztendlich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen: Letztere wollte auch eine schnellstmögliche Visafreiheit erreichen, was von EU-Staaten jedoch energisch abgelehnt wurde. In der mühsam ausgehandelten Schlusserklärung des Gipfels heißt es lediglich, der Visa-Verzicht bleibe "ein Fernziel" der Partnerschaft. Darüber werde "im Einzelfall" entschieden, sofern die Voraussetzungen gegeben seien.
Mehrere EU-Staaten hatten auch verlangt, dass die sechs Ost-Partner im Abschluss-Kommuniqué nicht wie ursprünglich geplant als "europäische Staaten" bezeichnet werden. Damit solle eine Vor-Festlegung in der für Beitrittswünsche wichtigen Frage, ob es sich um ein europäisches Land handele, vermieden werden. Vor allem die Ukraine mit gut 46 Millionen Menschen hofft auf einen späteren EU-Beitritt. Im Entwurf der Schlusserklärung heißt es jetzt, mit der "Östlichen Partnerschaft" würden mögliche Beitrittswünsche "nicht vorentschieden". (ina/gri/dpa/afp)