Ex-Präsidentin Boliviens festgenommen
14. März 2021Boliviens frühere Übergangspräsidentin Jeanine Áñez ist unter dem Vorwurf des "Terrorismus" und des "Aufruhrs" festgenommen worden. Áñez befinde sich nun in Polizeigewahrsam, teilte Innenminister Carlos Eduardo del Castillo mit. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen Áñez im Zusammenhang mit einem angeblichen Putsch gegen den langjährigen früheren Staatschef Evo Morales erlassen. Die Nachrichtenagentur AFP zitiert aus dem Haftbefehl, dass eine sechsmonatige Untersuchungshaft für Áñez und zwei ihrer Vertrauten beantragt worden sei.
Im Zusammenhang mit den Staatsstreich-Ermittlungen wurden am Freitag auch zwei frühere Minister aus Áñez' Übergangsregierung festgenommen: Ex-Energieminister Rodrigo Guzman und Ex-Justizminister Alvaro Coimbra. Die frühere Vize-Senatspräsidentin Áñez hatte das höchste Staatsamt im November 2019 übergangsweise übernommen, nachdem Morales angesichts von Massenprotesten und unter dem Druck der Armee vom Präsidentenamt zurückgetreten war.
Die erzkonservative Politikerin Áñez hatte den Haftbefehl am Freitag im Onlinedienst Twitter veröffentlicht und dazu geschrieben: "Die politische Verfolgung hat begonnen." Die Regierung werfe ihr vor, "an einem Staatsstreich teilgenommen zu haben, den es nie gegeben hat", fügte sie hinzu.
Das bolivianische Fernsehen zeigte Bilder von Áñez bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen von La Paz, in Begleitung von Castillo und mehreren Polizisten, jedoch ohne Handschellen. Vor Journalisten bezeichnete sie ihre Festnahme als "illegal". Später wurde sie zur Befragung in ein Regierungsgebäude gebracht.
EU mahnt Gewaltenteilung an
Morales hatte Bolivien als erster indigener Präsident Lateinamerikas mehr als 13 Jahre lang regiert. Die Massenproteste gegen ihn waren nach seiner von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wiederwahl ausgebrochen. Nach dem Wahlsieg seines Parteikollegen Luis Arce bei der Präsidentschaftswahl kehrte Morales im November 2020 nach Bolivien zurück und übernahm wieder die Führung der von ihm gegründeten Regierungspartei.
Menschenrechtler kritisieren, dass die Justiz in Bolivien immer wieder von verschiedenen Seiten instrumentalisiert werde, um politische Ziele und Gegner zu verfolgen. Die Europäische Union forderte Bolivien in einer ersten Reaktion auf, die Gewaltenteilung zu respektieren. Die EU werde die Geschehnisse in Bolivien aufmerksam verfolgen.
nob/ww (afp, dpa)