Exporteure "zwischen Rezession und Stagnation"
5. Oktober 2023Die Ausfuhren gingen verglichen mit dem Vormonat Juli um 1,2 Prozent zurück, im Jahresvergleich war sogar ein Minus von 5,8 Prozent zu verzeichnen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag mit. Die Importe gingen verglichen mit Juli leicht um 0,4 Prozent zurück und fielen aber um deutliche 16,8 Prozent im Jahresvergleich.
Den Angaben der Behörde zufolge wurden im August kalender- und saisonbereinigt Waren im Wert von insgesamt 127,9 Milliarden Euro aus Deutschland exportiert. Nach Deutschland importiert wurden Waren im Wert von 111,4 Milliarden Euro, damit schloss die Außenhandelsbilanz im August mit einem Überschuss von 16,6 Milliarden Euro ab.
Großbritannien wird unwichtiger
Die Exportbilanz für die ersten acht Monate fiel dennoch positiv aus. Der Wert der ausgeführten Waren stieg um 1,7 Prozent auf 1049,9 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hatte der deutsche Außenhandel auch wegen teils deutlicher Preiserhöhungen noch ein Rekordergebnis erzielt. Genau beziffern lassen sich die Effekte allerdings nicht, da die Statistiker keine preisbereinigten Daten zum Außenhandel erheben.
Die Ausfuhren in die EU-Staaten schrumpften im August um 1,5 Prozent zum Vormonat auf 69,6 Milliarden Euro, während das übrige Auslandsgeschäft um 0,9 Prozent auf 58,3 Milliarden Euro nachgab. Abnehmerland Nummer eins blieben die USA: Dorthin wurden Waren im Wert von 13,3 Milliarden Euro verkauft, ein Rückgang um 1,3 Prozent. Die Exporte nach China nahmen dagegen zu, und zwar um 1,2 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Die Ausfuhren nach Großbritannien fielen um 4,2 Prozent auf sechs Milliarden Euro.
Exporteure als Bremser
"Letztlich muss der schwache Export nicht weiter verwundern, denn das globale Exportvolumen stagniert nun seit zwei Jahren", erläuterte VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel. Die deutsche Industrie mit ihrem hohen Anteil ausländischer Kundschaft leide darunter. "Bereits im Juli waren also die Ausfuhren deutlich im Rückwärtsgang, jetzt muss auch im August ein empfindliches Minus hingenommen werden."
"Wie der Rest der deutschen Wirtschaft verharren auch die Exporteure in der Dämmerung zwischen Rezession und Stagnation", kommentierte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski die Entwicklung. Die Wahrscheinlichkeit, dass Europas größte Volkswirtschaft im gerade beendeten Sommerquartal geschrumpft ist, sei mit den schwachen Exportdaten gestiegen. "Die globale Nachfrageschwäche setzt den Unternehmen mehr und mehr zu", ergänzte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Zudem werden die Auftragsbücher dünner." "Damit ist der Handel nicht mehr der starke, widerstandsfähige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern eher eine Bremse", sagte Brzeski.
Besserung vorläufig nicht in Sicht
Eine rasche Besserung ist jedenfalls nicht in Sicht: Der Kiel Trade Indicator des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) signalisiert für September sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen ein erneutes Minus. Zudem ist die Stimmung in der Exportindustrie derzeit so schlecht wie seit über drei Jahren nicht mehr. Das Barometer für die Exporterwartungen fiel im September auf minus 11,3 Punkte, von minus 6,5 Punkten im August, wie das Münchner Ifo-Institut ermittelte.
"Die Exportwirtschaft befindet sich in einer Schwächephase", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Ein Grund dafür ist, dass viele Zentralbanken ihre Leitzinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig heraufgesetzt haben. Das treibt die Finanzierungskosten nach oben. "Die weltweit gestiegenen Zinsen zeigen ihre Wirkung", sagte Wohlrabe. "Sie dämpfen die Nachfrage nach deutschen Waren."
dk/hb (dpa, afp, rtr)