EZB lädt notfalls Bazooka nach
26. August 2015Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach Einschätzung ihres Chefvolkswirts bereit, bei Bedarf die Feuerkraft des ohnehin schon großangelegten Anleihe-Kaufprogramms - in Finanzkreisen auch EZB-Chef "Mario Draghis Bazooka" genannt - noch zu erhöhen. "Es sollten keine Missverständnisse darüber aufkommen, dass der EZB-Rat willens und auch fähig ist, falls nötig zu handeln", sagte Peter Praet am Mittwoch am Rande einer Veranstaltung in Mannheim zu Journalisten.
Nach seiner Einschätzung hat sich zuletzt die Gefahr erhöht, das die EZB ihr mittelfristiges Inflationsziel von knapp zwei Prozent weit nach unten verfehlen könnte. Dieser Wert wird als ideal für die Wirtschaftsentwicklung angesehen.
"Das Programm ist flexibel"
Die EZB pumpt seit März Woche für Woche Milliarden in das Finanzsystem, um die Konjunktur im Währungsraum anzukurbeln und die aus ihrer Sicht zu niedrige Inflation nach oben zu treiben. Der große Schub blieb bislang aber aus: Im Juli lag die Teuerung nur bei 0,2 Prozent, vor allem, weil die Preise für Energie in den vergangenen Monaten deutlich günstiger geworden sind.
Derzeit kauft die EZB monatlich Anleihen im Wert von 60 Milliarden Euro. Das Wertpapier-Kaufprogramm soll bis September 2016 laufen und eine Größenordnung von insgesamt 1,14 Billionen Euro haben. Es sei aber hinreichend flexibel, sagte Praet. Das betreffe Umfang, Zusammensetzung und die Dauer.
"Abwärtsrisiken erhöht"
Zuletzt hatte es erste Stimmen unter Analysten und Volkswirten gegeben, die es wegen der nach wie vor niedrigen Teuerungsrate für möglich halten, dass die EZB die Geldschwemme ausweiten könnte. "Die jüngsten Entwicklungen in der Weltwirtschaft und auf den Rohstoff-Märkten haben das Abwärtsrisiko erhöht, einen nachhaltigen Inflationspfad in Richtung zwei Prozent zu erreichen", so Praet.
Die Preise für Rohöl der Sorten Brent und WTI sind seit Juni jeweils um rund ein Drittel eingebrochen, auf Jahressicht haben sie sich mehr als halbiert. Zu den Gründen zählen Experten unter anderem die Erwartung, dass das Wachstumstempo in China nachlässt.
Sollte die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft nachhaltig ins Stottern geraten, hätte das starke Auswirkungen auch auf Europa. Praet zufolge schwächt sich die Konjunktur auch in andern Schwellenländern ab. Jüngste Daten würden das bestätigen. Die Folgen für Europa seien bislang zwar begrenzt. "Aber wir haben ein externes Umfeld, das herausfordernd ist." Der EZB-Rat trifft sich in der nächsten Woche, um über diese Probleme zu beraten.
wen/nm (rtr, dpa)