Facebooks neues Aufsichtsgremium wird aktiv
28. Januar 2021Das unabhängige Aufsichtsgremium hat in einer ersten Serie von Entscheidungen die Sperrung von insgesamt vier Inhalten aufgehoben. Nur in einem der fünf geprüften Fälle schlossen sich die Experten der Ansicht von Facebooks Inhalte-Prüfern an. Die Entscheidungen des Gremiums sind bindend für das Unternehmen und können auch nicht von Gründer und Chef Mark Zuckerberg überstimmt werden. Facebook steht immer wieder wegen der Verbreitung von Falschnachrichten oder Hassbotschaften in der Kritik.
Gremium für schwierige und grundsätzliche Fälle
Das weltgrößte Online-Netzwerk hatte das Aufsichtsgremium im vergangenen Jahr neu eingerichtet. Zum einen sollen Nutzer das sogenannte Oversight Board bei einer aus ihrer Sicht ungerechtfertigten Löschung von Inhalten auf den Plattformen Facebook und Instagram einschalten können. Zum anderen kann der Konzern selbst es bei diversen Fragen zum Umgang mit Werbung, Gruppen oder Seiten anrufen.
In dem Gremium sind Menschenrechtler, Aktivisten, Wissenschaftler, Politiker und Journalisten aus allen Weltregionen vertreten, darunter die ehemalige dänische Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt und der einstige "Guardian"-Chefredakteur Alan Rusbridger.
Angebliche Nazi-Propaganda
In einem der jetzt entschiedenen Fälle ging es um einen Beitrag mit einem Satz, der fälschlicherweise Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels zugeschrieben wurde. In dem angeblichen Zitat ging es darum, dass Argumente Gefühle und Emotionen statt Intellekt ansprechen sollten. Der Nutzer wollte damit nach eigenen Angaben eine Parallele zwischen dieser Einstellung und der Präsidentschaft von Donald Trump ziehen. Facebook sperrte den Beitrag aber, weil Goebbels auf der Liste gefährlicher Personen steht und der Nutzer ihn in dem Post nicht ausdrücklich verurteilt habe. Das Gremium befand in seiner Entscheidung allerdings, dass der Beitrag nicht Nazi-Ideologie oder Verbrechen des Regimes unterstützt habe. Zudem hätten die Kommentare unter dem Post gezeigt, dass der Vergleich zwischen der Trump-Präsidentschaft und dem Nazi-Regime durchaus angekommen sei.
In einer weiteren Entscheidung ging es um den Beitrag eines Nutzers aus Myanmar mit Fotos eines verstorbenen Kindes, der Kommentare über Chinas Behandlung uigurischer Muslime enthielt. In einem weiteren Fall ging es um einen fragwürdigen Beitrag zur medikamentösen Behandlung von COVID-19-Erkrankungen. Dieser Fall wurde von Facebook eingereicht.
Was wird aus der Sperrung Trumps?
Facebook lässt durch das "Oversight Board" auch die unbefristete Sperre des ehemaligen US-Präsidenten Trump prüfen. Nach dem Sturm seiner Anhänger aufs Kapitol in Washington war der Account gesperrt worden. Trump hatte mit seinen unbelegten Behauptungen über angebliche Wahlfälschung die Menschenmenge angestachelt und auch während der Krawalle Sympathie für die Angreifer bekundet. Voraussichtlich an diesem Freitag wird das Aufsichtsgremium eine Entscheidung dazu fällen, ob Facebook das Recht hatte, Trumps Account zu sperren.
qu/rb (dpa, afp, rtr)