Familienunternehmen: Zufrieden mit dem Standort D?
1. April 2014Deutschlands größte Familienunternehmen erwarten für das laufende Jahr eine gute bis sehr gute Wirtschaftslage. Außerdem stellen sie ihrem Heimatstandort durchaus gute Noten aus, aber sie fürchten unter der großen Koalition aus Union und SPD massiven politischen Gegenwind. Das ist, zusammengefasst, das Ergebnis der Frühjahrsbefragung 2014, die das Institut für Mittelstandsforschung im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutschen Bank durchgeführt hat.
"Wir Familienunternehmer, zu denen ich selbst ja auch gehöre, fühlen uns Deutschland ganz besonders verpflichtet", sagte BDI-Vize Ingeborg Neumann bei der vorstellung der Frühjahrsbefragung. "Wir sind ein wichtiger, vielleicht der wesentliche Teil des Industriestandorts Deutschland." Mittelständische Familienunternehmen würden für Wohlstand, Aufstiegschancen, Arbeitsplätze sorgen. "Damit es auch in Zukunft so bleibt, muss sie Politik ein Zukunftskonzept für den Standort Deutschland entwickeln und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit weiter stärken."
400 der 4.500 größten deutschen Familienunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro haben an der Studie teilgenommen. Aktuell sehen 83 Prozent der Befragten den Standort Deutschland im internationalen Vergleich ganz vorne. Fast die Hälfte der Unternehmen erwartet jedoch, dass die Attraktivität aufgrund der aktuellen Wirtschaftspolitik schon in naher Zukunft sinken wird. "Ich nenne nur drei Stichpunkte: Rente mit 63, Mütterrente und Mindestlohn", kritisiert Neumann. "Aus der Sicht der gesamten deutschen Wirtschaft laufen diese Gesetzgebungsverfahren in die vollkommen falsche Richtung."
Angst vor dem Strompreis
Allem voran sind es jedoch die Energiekosten, die vielen Unternehmen offensichtlich zu denken geben. Zwei Drittel der Befragten bewerten sie als schlecht oder sehr schlecht für den Standort. Jeder zweite fürchtet, dass der Ökostromausbau im Zuge der Energiewende zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz im Ausland wird.
Sie kenne das aus ihrem eigenen Unternehmen, sagt BDI-Vize Neumann, die als Gesellschafterin beim Textilunternehmen Peppermint Holding die Geschäfte führt: Wenn es um die Standortwahl für neue Investitionen gehe, spielten die Energiepreise und die Unsicherheit in Deutschland eine große Rolle. "Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, gemeinsam mit den Bundesländern, dann sitzen wir in einem fahrenden Zug, hinten im Abteil streiten sich die Leute, wie die Energiewende zu bewerkstelligen sei und wir fahren gegen die Wand. Wenn wir Mittelständler dann noch die Kraft haben, dann werden wir nicht mit an die Wand fahren, sondern dann überlegen wir uns, Arbeitsprozesse ins Ausland zu verlagern."
Mehr Mitarbeiter im Ausland
Dabei würden Familienunternehmen am liebsten vor ihrer Haustüre produzieren, fügt Neumann noch hinzu. In der Tat sind in rund 70 Prozent der Unternehmen mehr als dreiviertel der Mitarbeiter derzeit in Deutschland beschäftigt. Laut der Frühjahrsbefragung sind Neueinstellungen aber vor allem im Ausland geplant, wie die Bonner Professorin und Leiterin der Studie, Friederike Welter erläutert. "Über 50 Prozent der großen Familienunternehmen gehen davon aus, dass diese Einstellungen im Ausland passieren." Das betreffe vor allem die Industriebetriebe. "Im Inland sind es knapp 32 Prozent, die 2014 einstellen wollen. Hier sind es insbesondere die Dienstleister, von denen 46 Prozent einen Zuwachs bei den Mitarbeitern erwarten."
Nicht ganz so deutlich fallen die Zahlen bei den Investitionen aus. Fast 87 Prozent der befragten Familienunternehmen wollen im laufenden Jahr an ihren ausländischen Standorten investieren, im Inland sind es rund zehn Prozent weniger.
Die Frühjahrsbefragung zeigt darüber hinaus einmal mehr auf, wie exportstark die deutschen Familienunternehmen sind. Fast 80 Prozent verkaufen ihre Waren auch im Ausland, die Industriebetriebe haben sogar eine Exportquote von über 40 Prozent.
Einsatz für Forschung und Entwicklung
Förderlich für die Attraktivität deutscher Produkte ist sicherlich der hohe Aufwand, den Familienunternehmen bei Forschung und Entwicklung betreiben. Dreiviertel der Unternehmen investieren durchschnittlich drei Prozent in diesen Bereich. "Das liegt deutlich über dem gesamten Durchschnitt für die deutsche Wirtschaft", merkt Welter an. In der Industrie liege die Quote für Forschung und Entwicklung sogar bei vier Prozent. "Wir haben eine sehr innovationsstarke Industrie bei den großen Familienunternehmen. Die Quote steigt mit der Größe der Unternehmen, das ist nicht sehr überraschend. Es sind mehr Ressourcen zur Verfügung, die auch investiert werden können und sie steigt auch mit der Exportorientierung."
Forschung und Entwicklung, aber auch die Investitionen, werden von den großen Familienunternehmen übrigens zunehmend aus der eigenen Kasse bezahlt. Jedes zweite Unternehmen legt großen Wert darauf, nicht nur mehr Eigenkapital, sondern auch mehr verfügbares Kapital auf der hohen Kante zu haben. Vierzig Prozent der Befragten gaben zudem an, ihre Abhängigkeit von den einzelnen Hausbanken weiter reduzieren zu wollen.