Fast 300 Rohingya in Indonesien gestrandet
7. September 2020Das Boot mit den fast 300 Rohingya-Flüchtlingen traf an der Nordküste der indonesischen Provinz Aceh ein. Einheimische halfen den Migranten nahe der Stadt Lhokseumawe an Land zu gehen, wie der Vorsteher des Dorfes Ujong Blang, Munir Cut Ali, der Nachrichtenagentur AFP sagte. "Wir haben ein Boot in Ujong Blang die Küste anlaufen gesehen, also haben wir ihnen geholfen, sicher zu landen", sagte Ali. Die Flüchtlingsgruppe besteht nach seinen Angaben aus 102 Männern, 181 Frauen und 14 Kindern.
Die Menschen hätten nahezu sieben Monate auf See unter verzweifelten Bedingungen zugebracht, berichtet der Direktor des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) für Asien-Pazifik, Indrika Ratwatte. Eigentlich hätten sie nach Malaysia gewollt, sie seien aber von verschiedenen Ländern immer wieder abgewiesen worden. Etwa 30 Flüchtlinge seien unterwegs gestorben.
Viele der Überlebenden bräuchten medizinische Hilfe. Der Chef des Roten Kreuzes in Aceh sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Sie sind schwach und einige von ihnen sind krank." Die Flüchtlinge werden nach Angaben von Ratwatte zunächst in provisorischen Unterkünften in der Stadt Lhokseumawe untergebracht. Zudem wurden bei ihnen Coronavirus-Schnelltests durchgeführt.
Immer wieder abgewiesen
Nach Angaben des UNHCR hatten die Rohingya im Februar die Flüchtlingscamps in Bangladesch verlassen und erfolglos versucht, woanders an Land zu gelangen. Zuletzt hatten Fischer aus Aceh im Juni 94 Bootsflüchtlinge aus Seenot gerettet, darunter 30 Kinder. Malaysia und Thailand hatten keine Flüchtlinge an Land gelassen und dies mit strikten Einreisebestimmungen wegen der Corona-Pandemie begründet.
In Myanmar, dem früheren Birma, werden die überwiegend muslimischen Rohingya seit Jahrzehnten verfolgt und diskriminiert, viele verloren durch ein 1982 erlassenes Gesetz die Staatsbürgerschaft und sind staatenlos. Seit Jahrzehnten fliehen Rohingya immer wieder aus ihrer Heimat. Zuletzt waren wegen einer Offensive der myanmarischen Armee im August 2017 mehr als 740.000 Rohingya nach Bangladesch geflüchtet. Zugleich versuchen viele, aus Myanmar oder den überfüllten Camps in Bangladesch mit Booten nach Malaysia oder Indonesien zu gelangen.
Die Vereinten Nationen bezeichnen die Verfolgung der Minderheit als Völkermord. Das Militär von Myanmar und die Regierung unter Führung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi stehen wegen der Behandlung der Rohingya international in der Kritik.
Menschenrechtler warnen, dass sich die Krise um die Rohingya-Bootsflüchtlinge vom Mai 2015 wiederholen könne. Damals waren binnen einer Woche mehr als 3000 Hilfesuchende vor allem an den Küsten Malaysias und Indonesiens gestrandet oder gerettet worden. "Rohingya-Flüchtlinge sind noch immer bereit, alles auf der Suche nach Sicherheit zu riskieren", sagte der Indonesien-Chef von Amnesty International, Usman Hamid.
kle/qu (epd, afp, dpa)