FIFA-Boss Blatter wettert gegen Kritiker
10. Juni 2014Wahrscheinlich würde sich der Fußball-Weltverband FIFA bei seinem Kongress unmittelbar vor dem Start der Weltmeisterschaft in Brasilien am liebsten wieder selbst feiern - wie so oft in der Vergangenheit. Doch der Gegenwind der letzten Monate ist dafür zu groß. Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2022 an Katar stehen weiter im Raum. FIFA-Präsident Joseph Blatter präsentierte sich am Vortag des Kongresses dünnhäutig. Der 78 Jahre alte Schweizer warnte bei einem Treffen mit Delegierten der Asiatischen Fußball-Konföderation AFC in Sao Paulo vor den Kritikern. "Sie wollen zerstören, nicht nur das Spiel, sie wollen auch die Institution zerstören, weil unsere Institution so stark ist", sagte Blatter und appellierte an die FIFA-Mitglieder: "Zeigt Einheit und bewahrt diese Einheit!" Es wird erwartet, dass Blatter auf dem FIFA-Kongress seine Kandidatur für eine fünfte Amtszeit als Präsident des Weltverbands offiziell macht. "Ihr müsst Ja oder Nein sagen und entscheiden, was ihr wollt", sagte Blatter vor afrikanischen Delegierten und erntete viel Applaus.
Beckenbauer räumt Treffen mit Bin Hammam ein
In einem Bericht der britischen Zeitung "Sunday Times" über Bestechungsvorwürfe im Rahmen der WM-Vergabe 2022 an Katar fiel auch der Name Franz Beckenbauer. Im Frühjahr 2011, fünf Monate nach der höchst umstrittenen Entscheidung für den Wüstenstaat, sei Beckenbauer zusammen mit Vorständen eines Öl- und Gas-Unternehmens nach Doha eingeladen worden - von der im Zentrum der Korruptionsvorwürfe stehenden Schlüsselfigur Mohamed Bin Hammam. Beckenbauer räumte ein, dass er als Berater für das Unternehmen mitgereist und Bin Hammam getroffen habe. Schließlich sei der Katarer damals FIFA-Vizepräsident und er selbst noch Mitglied der FIFA-Exekutive gewesen.
"Überrascht, dass es Katar wurde"
Den Vorwurf der Bestechlichkeit wies der 68-Jährige jedoch entschieden zurück. "Beim Thema Korruption bin ich der falsche Ansprechpartner. Mich hat diesbezüglich noch nie jemand versucht zu beeinflussen. Zudem war ich weder jemals für die Kataris noch für Mohamed bin Hammam tätig", sagte Beckenbauer. Erstmals deutete der "Kaiser" an, dass seine Stimme bei der WM-Vergabe im Dezember 2010 nicht an Katar ging: "Ich kann nur sagen, dass ich in Abstimmung mit dem DFB für den Bewerber gestimmt habe, der uns am geeignetsten erschien, eine gute und erfolgreiche WM auf die Beine zu stellen und durchzuführen. Es hat mich selbst überrascht, dass es dann Katar wurde."
Ermittlungsbericht erst nach WM
FIFA-Exekutivmitglied Theo Zwanziger schließt eine Untersuchung der FIFA-Ethikkommission gegen Beckenbauer nach dem Bericht der "Sunday Times" nicht aus. "Wenn man das Ethikreglement liest, wird man zu Punkten kommen, wo man Fragen stellen kann", sagte Zwanziger in Sao Paulo. Medienberichte über eine angebliche Weigerung Beckenbauers, FIFA-Chefermittler Michael Garcia Rede und Antwort zu den WM-Vergaben 2018 und 2022 zu stehen, wollte Zwanziger nicht kommentieren. Garcia will bei dem FIFA-Kongress über seine Korruptionsermittlungen referieren. Seinen Abschlussbericht wird er jedoch voraussichtlich erst in sechs Wochen, also nach der WM, an die FIFA-Rechtskammern weiterleiten.