Wer ist der neue Regierungschef Griechenlands?
11. November 2011Die Athener Presse hat einiges zu erzählen über den neuen parteilosen Übergangsministerpräsidenten Lucas Papademos: Er sei ein Arbeitstier, ein hoch angesehener Fachmann, ein Mann der leisen Töne, ein Anhänger finanzpolitischer Stabilität. Und vor allem ein Pragmatiker. Vom 64-jährigen Finanzexperten erhoffen sich die Griechen eins: Dass er dem Land hilft, das Vertrauen Europas in die griechische Wirtschaft wiederherzustellen und den Verbleib Athens in der Eurozone zu sichern.
Griechenlands Hoffnungsträger
Kein anderer sei für diesen schwierigen Job besser geeignet, glaubt Konstantinos Michalos, Chef der Athener Handelskammer. "Papademos ist ein Technokrat, der sich in der Bankenwelt bestens auskennt und zwar nicht nur in Griechenland, sondern auch im europäischen Ausland." Der neue Premier kenne sowohl Europa als auch Amerika, und das komme ihm zugute. Er könne das Land mit Vernunft und Augenmaß führen. Es sei aber auch an der Zeit, Wachstumsimpulse für die griechische Wirtschaft zu liefern, denn die rigide Sparpolitik führe in eine Sackgasse, betont Michalos.
Ob Papademos die grausame Spirale aus Sparzwang und Rezession durchbrechen kann? Von 2002 bis 2010 war der studierte Physiker und Ökonom Vizepräsident der Europäischen Zentralbank und erwarb sich dabei einen Ruf als Verfechter finanzpolitischer Stabilität, ganz auf der Linie seines Vorgesetzten Jean-Claude Trichet. Andererseits: Zu den "Falken" gehörte er nie, er konnte sich gelegentlich auch flexibel zeigen und andeuten lassen, er sei nicht unbedingt gegen Wachstum durch Binnennachfrage - sprich höhere Löhne.
Solche Nachrichten würden die Griechen gerne hören in Krisenzeiten. Doch Papademos muss seine Landsleute erst einmal von den harten Maßnahmen überzeugen. Das wird keine leichte Aufgabe, vermutet der Analyst der renommierten Athener Tageszeitung "Kathimerini", Angelos Stangos. "Zum Glück hat Herr Papademos den Regierungsauftrag bekommen, aber er hat keine leichte Aufgabe", meint Stangos. Papademos müsse dennoch schmerzhafte Einschnitte verkünden. Sein großer Vorteil sei, dass er die gleiche Sprache wie die europäischen Partner Griechenlands spreche.
Ein turbulenter Start
"Er wurde den griechischen Parteien mehr oder weniger aufgezwungen, sie wollten ihn eigentlich nicht", meint Stangos. Dadurch ließe sich auch die lange Verzögerung und der Machtpoker vor seiner Nominierung erklären.
Papademos gilt auch als Architekt des griechischen Euro-Beitritts im Jahr 2001, was in der europäischen Finanzpresse nicht nur anerkennend zitiert wird. Gelegentlich wird angedeutet, der damalige Chef der griechischen Notenbank könnte zu jener Zeit mit falschen Zahlen jongliert haben. In Griechenland wird darüber nicht einmal diskutiert. Eine Standardantwort auf solche Fragen lautet: Athen habe bestimmt nicht mehr oder anders mit den Zahlen jongliert als andere Euro-Saaten auch.
Autor: Jannis Papadimitriou
Redaktion: Blagorodna Grigorova