Fischbestände leiden unter Billigflaggen-Schiffen
3. November 2005Satem Tuna, Jara und Masai - drei Namen und drei Flaggen für ein und dasselbe Schiff innerhalb von nur zehn Jahren. Anfangs fuhr man unter der Flagge von Honduras, später unter der von Belize und seit zwei Jahren unter der von Togo. Kein Einzelfall: Es braucht heute nur noch ein paar Faxe, damit ein Reeder ein Schiff innerhalb von wenigen Stunden umflaggen kann. Das Boot muss dafür nicht einmal seinen Fang unterbrechen, Name und Flagge können auf hoher See geändert werden.
Dass die Schiffseigner so mit Hilfe von Billigflaggen komplexe, kaum mehr zu kontrollierende Strukturen schaffen können, kritisiert nun eine gemeinsame Studie des WWF (Worldwide Fund for Nature), der australischen Regierung und der Internationalen Transportarbeiter-Gewerkschaft ITF (International Transport Workers Federation). Laut Stephanie Schmidt, Fischereireferentin beim WWF Deutschland, machen die Billigflaggen in manchen Fischereien bis zu 30 Prozent aus, für die Hochseefischerei liegt der Anteil bei insgesamt etwa 15 Prozent.
Kaum Kontrollen
Mehr als 1200 Schiffe fischen auf den Weltmeeren unter Billigflaggen. Darunter mit Bolivien und der Mongolei kurioserweise auch Staaten, die überhaupt keine Küste besitzen. Bei den Schiffen handelt es sich nicht nur um alte Kähne, teilweise werden die Trawler direkt nach ihrem Bau unter eine Billigflagge gestellt. Von den 51 großen Fischerei-Schiffen, die beispielsweise 2003 in Taiwan gebaut wurden, sei nur ein einziges auch in Taiwan registriert worden, berichtet die Studie. Der Rest fahre nun wie viele andere Schiffe auch unter Billigflagge.
"Das liegt einfach daran, dass unterschiedliche Länder unterschiedlich stark kontrollieren, was ihre Schiffe auf der Hochsee machen", sagt Schmidt. Billigflaggenländer sind vor allem Belize, Honduras, Panama und Saint Vincent. "Die kontrollieren nicht besonders, was ihre Schiffe auf der Hochsee machen", so Schmidt. Die fehlenden Kontrollen nutzen manche Schiffe dabei, um illegal in den Gewässern anderer Staaten zu fischen, die wie Australien noch über reiche Fischvorkommen verfügen.
Schlupflöcher im Seerecht
Andere Schiffe dringen dagegen nicht als Piraten in die Hoheitsgewässer einzelner Länder ein. Sie fischen auf der Hochsee und nutzen dabei Schlupflöcher des Seerechts. Sie profitieren davon, dass sich viele Billigflaggen-Staaten nicht an regionalen Abkommen über die Hochsee-Fischerei beteiligen. Schiffe aus diesen Staaten müssen sich nicht an die international vereinbarten Quoten für den Fang von Thunfischen im Atlantik und Pazifik oder von schwarzen Seehechten um die Antarktis halten.
Das gefährdet die Bestände dieser Fisch-Arten. Und nicht nur die: Denn bei der Langleinen-Fischerei auf Thunfisch gehen beispielsweise viele Seevögel, Meeresschildkröten und Haie an die Haken. Lösungen liegen nach Ansicht des WWF auf der Hand. Die Billigflaggen-Länder müssten die Kontrollen ihrer Schiffe dringend verbessern, sagt Stephanie Schmidt. Es müsse ein globales, einheitliches System geschaffen werden, mit dem diese Art der Fischerei nachverfolgt werden könne sowie eine globale Datenbank. "Darin müsste ganz klar nachzuvollziehen sein, welche Schiffe wo registriert sind, was sie fangen, wo sie das anlanden. So eine Datenbank gibt es bis heute nicht und deshalb ist schwer festzustellen, wenn irgendwo illegal gefischt wird."
Härtere Strafen
Schließlich sollte die EU strenger kontrollieren, ob die Fische, die in europäischen Häfen und Flughäfen ankommen, wirklich legal sind. Auch die am illegalen Fang beteiligten Firmen müssten stärker verfolgt und bestraft werden. Nach der Studie gehören mehr als 13 Prozent der Fischfangschiffe unter Billigflagge Firmen aus der EU - damit kommen die Europäer noch vor Taiwan auf Platz eins in diesem Geschäft.