Fluglärm-Vertrag wird nachverhandelt
26. November 2012Nach anhaltend massiven Protesten aus der süddeutschen Grenzregion will Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer den hochumstrittenen Fluglärm-Staatsvertrag mit der Schweiz nun doch nachverhandeln.
Ziel sei, noch offene Fragen in einer völkerrechtlich verbindlichen Form zu klären, teilte der CSU-Minister nach einem Treffen mit Abgesandten aus Baden-Württemberg in Berlin mit. Dies könne etwa als Anhang, Zusatz oder Protokoll beider Seiten geschehen. Ramsauer kann sich auch vorstellen, notfalls das Vertragswerk in einzelnen Punkten noch einmal aufzuschnüren. Die Sprecherin des Schweizer Verkehrsministeriums, Annetta Bundi, stimmte neuen Gesprächen zu und erklärte: "Die Regierung in Bern sei bereit, die aufgetauchten offenen Fragen gemeinsam anzuschauen und zu klären".
Belästigung durch Fluglärm wird nicht weniger
Die Anwohner am Bodensee und in der Schwarzwald-Region laufen Sturm gegen die bisher geplanten Neuregelungen zu den Anflügen über deutsches Gebiet auf den Züricher Airport Kloten. Die Übereinkunft mit der Regierung in Bern sieht vor, dass landende Maschinen künftig in den Abendstunden drei Stunden früher als bisher nur noch über Schweizer Gebiet fliegen. Die deutschen Regionen würden dadurch entlastet.
Allerdings verzichtet die Bundesregierung im Gegenzug auf eine zahlenmäßige Begrenzung der Anflüge über deutsches Territorium. Außerdem dürften - nach dem Staatsvertrag - Schweizer Maschinen schon ab 6.30 Uhr und damit eine halbe Stunde früher als bisher über den Süden Deutschlands den Flughafen Kloten anfliegen. Kritiker beklagen deshalb, Südbaden werde nicht nachhaltig von Fluglärm entlastet.
Parteiübergreifendes Nein
Auch sämtliche Parteien in Baden-Württemberg lehnen den Vertrag ab. Bereits in den vergangenen Wochen hatten die CDU-Parlamentarier aus dem Südwesten und die 15 baden-württembergischen FDP-Abgeordneten im Bundestag klar gestellt, dass sie dem Staatsvertrag mit der Schweiz in seiner jetzigen Form bei der Ratifizierung im Parlament nicht zustimmen würden. Der Landrat des am stärksten betroffenen Kreises Waldshut, der CDU-Politiker Tilman Bollacher, monierte: "Der Vertrag lässt zu viele Streitfragen offen und er eröffnet der Schweiz damit die Möglichkeit, den deutschen Luftraum stark zu belasten." Auch die rot-grüne Landesregierung in Stuttgart ist gegen eine Ratifizierung.
Dagegen hatte noch im Oktober eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums erklärt, die Arbeiten für die Ratifizierung des Staatsvertrags in den Parlamenten in Berlin und Bern seien auf gutem Weg. Schließlich würde das Abkommen "einen wirklich langjährigen Streit endlich beenden und den Leuten endlich Sicherheit geben für mehr Ruhe am Himmel." Das sieht nun wieder anders aus.
se/kle (dpa, dapd)