Frankreich unter Terror-Schock
14. November 2015Frankreich ist im Ausnahmezustand. Bei einer Anschlagsserie an sieben Orten in Paris sind mindestens 120 Menschen getötet worden (weitere Einzelheiten finden Sie hier). Der verheerendste Angriff wurde auf die Konzerthalle Bataclan in der Pariser Innenstadt verübt, in der 1500 Menschen ein Konzert besuchten. Kurz nach Mitternacht stürmten Einsatzkräfte der Polizei das Gebäude, in das die Angreifer eingedrungen waren und um sich schossen. Nach dem Ende des Einsatzes teilten die Behörden mit, es habe in der Halle rund hundert Tote gegeben. Vier davon waren Attentäter, von denen sich drei durch Zünden ihres Sprengstoffgürtels selbst töteten, wie die Polizei mitteilte. Ein Augenzeuge berichtete im Radiosender France Info, die Angreifer hätten "Allah Akbar" (Gott ist groß) gerufen und "voll in die Menge geschossen".
Explosionen am Stadion
Auch in der Nähe des Fußballstadions Stade de France im Norden von Paris, wo gerade die Nationalmannschaften von Deutschland und Frankreich gegeneinander spielten, wurde ein Anschlag verübt. Dabei wurden laut Ermittlern vier Menschen getötet, darunter drei Terroristen. Wer hinter den Anschlägen und der Geiselnahme steckt, ist noch unklar. Der Augenzeuge Pierre Janaszak sagte, die Attentäter im Bataclan hätten die Beteiligung Frankreichs an der US-geführten Militärkoalition gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak als Grund für die Anschlagserie genannt. Das Bataclan liegt nur etwa 200 Meter von der früheren Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" entfernt, die Islamisten im Januar angegriffen und dabei und bei ihrer Flucht zwölf Menschen getötet hatten.
Frankreichs Präsident François Hollande sprach von "Terrorangriffen von einem bisher nie dagewesenen Ausmaß" und verhängte den Ausnahmezustand für ganz Frankreich. Er habe "alle nur möglichen Kräfte mobilisiert ", um die "Neutralisierung der Terroristen" zu erreichen und die betroffenen Stadtviertel zu sichern, sagte Hollande. Nach Angaben des Élysée-Palastes wurden 1500 zusätzliche Soldaten mobilisiert, um die Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt zu verstärken. Bei einem Besuch am Bataclan kündigte Hollande am frühen Samstagmorgen einen "erbarmungslosen" Kampf gegen den Terrorismus an.
Verteidigungsrat wird einberufen
Hollande war noch vor Ende des Fußballspiels aus dem Stadion im Norden von Paris in Sicherheit gebracht worden und richtete im Innenministerium einen Krisenstab ein. Die Zuschauer wurden aus drei Ausgängen geleitet. Hunderte Zuschauer hatten sich nach dem Abpfiff zunächst auf den Rasen begeben und dort voller Angst ausgeharrt.
Zwar geht die Polizei davon aus, dass alle Attentäter getötet wurden, dennoch wurden alle Pariser aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Fünf Metro-Linien sind unterbrochen. Die Krankenhäuser in Paris setzten einen Notfallplan in Kraft. Hollande berief für Samstagmorgen den Verteidigungsrat ein und sagte seine Teilnahme am G-20-Gipfel ab, der am Sonntag im türkischen Antalya beginnt.
Weltweites Entsetzen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich "tief erschüttert" über die Gewalt. "Meine Gedanken sind in diesen Stunden bei den Opfern der offensichtlich terroristischen Angriffe, ihren Angehörigen sowie allen Menschen in Paris", erklärte Merkel. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), der neben Hollande im Stadion gesessen hatte, zeigte sich "entsetzt und erschüttert". "Wir stehen an der Seite Frankreichs", erklärte er im Onlinedienst Twitter. Auch Fußball-Bundestrainer Joachim Löw äußerte sich "erschüttert und schockiert" über die Anschläge. Teammanager Oliver Bierhoff sagte, auch die Spieler seien geschockt.
US-Präsident Barack Obama verurteilte die Anschlagsserie als "einen Angriff auf die ganze Menschheit und unsere universellen Werte". Auch der britische Premierminister David Cameron zeigte sich schockiert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach Frankreich sein "tiefstes Beileid" aus und forderte die internationale Gemeinschaft auf, im Kampf gegen den Terrorismus einen "Konsens" zu erzielen.
cr/kle (afp, dpa)