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Gnädiger Tod

20. März 2008

Eine krebskranke Französin, die für aktive Sterbehilfe gekämpft hat, ist tot. Die Ursache ist unklar. Vor wenigen Tagen war sie vor Gericht mit ihrem Antrag auf aktive Sterbehilfe gescheitert.

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Sterben in Würde war der Wunsch von Chantal Sébire - Symbolbild zur Sterbehilfe
Sterben in Würde war der Wunsch von Chantal Sébire - Symbolbild zur SterbehilfeBild: AP

Zwei Tage nach der Ablehnung ihres Antrags auf Sterbehilfe durch ein Gericht in Dijon ist eine 52-jährige Krebspatientin tot aufgefunden worden. Die ehemalige Lehrerin starb in ihrem Haus in Plombieres-les-Dijon, wie ein Behördensprecher am Mittwochabend (19.3.2008) mitteilte. Angaben zur Todesursache machte er nicht.

Der Fall von Chantal Sébire erregte in ganz Frankreich großes Aufsehen. Die Mutter von drei Kindern litt seit acht Jahren unter einem immer größer werdenden Tumor im Gesicht, in der Fachsprache als Esthesioneuroblastom bezeichnet. "Ich werde von den Schmerzen aufgefressen", berichtete Sébire im Fernsehen.

"Unmenschliches Gesetz"

Am Montag lehnte ein Gericht in Dijon ihren Antrag auf aktive Sterbehilfe als rechtswidrig ab. Seit einer Reform vor drei Jahren dürfen unheilbar kranke Patienten lebenserhaltende Maßnahmen verweigern. Die Verabreichung tödlicher Dosen von Schlaf- oder Schmerzmitteln ist aber weiter strafbar. Sébires Anwalt Gilles Antonowicz kritisierte die Entscheidung des Gerichts und sagte: "Das Gesetz ist unmenschlich und meine Mandantin ist tief enttäuscht."

"Wir kennen die Ursache nicht, wir werden Proben entnehmen und sie analysieren, morgen werden wir mehr wissen", sagte der Staatsanwalt von Dijon, Jean-Pierre Allachi, am Mittwochabend. Der Tod sei um 19.30 Uhr festgestellt worden. "Dieser Tod trifft uns sehr", fügte Allachi hinzu. Ob Blutungen, unter denen Sébire häufig gelitten hatte, als Todesursache in Betracht kommen, konnte der Staatsanwalt nicht sagen.

Mitleid versus Gesetze

Sébire hatte darum gekämpft, mit Hilfe von Ärzten durch aktive Sterbehilfe "in Würde" aus dem Leben scheiden zu können. Einer ihrer Ärzte sollte ihr nach ihrem Willen ein todbringendes Medikament verabreichen, um dem Leiden ein Ende zu setzen. Der Fall rufe Mitleid hervor, aber die Justiz müsse sich an die Gesetze halten, betonte der Richter René Jaillet am Montag. Von dem sehr seltenen Turmor wurden in den vergangenen 20 Jahren weltweit nur 200 Fälle gemeldet.

Sébire hatte sich mit ihrem Sterbewunsch an den Verein für würdiges Sterben (ADMD) gewandt. Dessen Vorsitzender Jean-Luc Romero reagierte bestürzt auf die Todesnachricht: "Obwohl es Chantals Wunsch war, bin ich sehr traurig, weil sie eine außergewöhnliche Frau war, mit einem außergewöhnlichen Charakter und einer großen Kraft, einem Willen und einer Stimme für einen wunderbaren Kampf, dem Kampf für ein würdiges Lebensende", sagte Romero der Nachrichtenagentur AFP.

Brief an Sarkozy

Noch am Mittwochnachmittag hatte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Sébires Arzt Emmanuel Debost im Elysée-Palast empfangen und sich gemeinsam mit seinem medizinischen Berater und weiteren Experten über den Gesundheitszustand der Krebspatientin informiert. Sébire hatte sich mit einem Brief an den Staatschef gewandt.

In den letzten Tagen ihres Lebens waren ihr die Schmerzen offenbar unerträglich geworden. Sébire blieb der Urteilsverkündung zu ihrem Fall am Montag fern und sagte, sie sei nun bettlägerig. Dennoch kündigte sie an, sich für die Zulassung aktiver Sterbehilfe in besonderen Fällen einsetzen zu wollen. Sie lehnte nach eigenen Angaben Selbstmord und ein künstliches Koma ab. (kap)