Full Metal Cruise - das größte Heavy-Metal-Festival auf See
30. August 2015Als vor rund einem Jahr die Kreuzfahrt-Tickets in den Verkauf gingen, waren alle Kabinen schon nach einer Stunde vergriffen. Metal-Head und Kreuzfahrt-Tourist, das scheint kein Widerspruch zu sein. Für 999 Euro pro Person bei Buchung einer Doppelkabine ist auch die Verpflegung komplett mit inbegriffen. Nur für Champagner und teure Weine müssten die headbangenden Pauschalreisenden einen Aufpreis hinlegen. Doch hier wird ohnehin vor allem eins getrunken: Bier. Und das gibt es inklusive, 24 Stunden am Tag.
Die Schifffahrt der besonderen Art wird gemeinsam vom Reiseveranstalter TUI und den Organisatoren des Wacken-Festivals veranstaltet. Das Kreuzfahrtschiff, das normalerweise rund um das Mittelmeer oder auch in der Karibik herumschippert, nimmt dieses Mal Kurs auf die Metal-Hochburgen Kopenhagen in Dänemark und Göteborg in Schweden.
Der Weg ist das Ziel
Doch bei dieser Reise ist der Weg das Ziel: Auf insgesamt drei Bühnen an Bord der "Mein Schiff 1" geben hochkarätige Bands der Szene lautstark ihre Musik zum Besten. Darunter die norddeutschen Rocker und Echo-Preisgewinner Santiano, die finnische Power-Metal Band Statovarius und die schwedische Death-Metal-Band Arch Enemy.
Für Timo Kotipelto, den Frontman der finnischen Band Stratovarius, ist es bereits die fünfte Kreuzfahrt. Dass Fans gemeinsam mit Bands im gleichen Boot sitzen, stört ihn nicht - im Gegenteil: "Wenn wir das Gleiche mit finnischen Fans machen würden, würden sie uns nicht in Ruhe lassen, aber die deutschen Metal-Fans sind total entspannt. Das macht Spaß!".
Eine Erinnerung für die Ewigkeit
Für Markus Orgis aus Dresden ist es die erste Kreuzfahrt überhaupt. Der 25-jährige Kraftfahrer ist großer Fan des Wacken-Festivals. Einmal im Jahr zieht es rund 75.000 Heavy Metal-Fans in ein kleines Dorf in Schleswig-Holstein. Fünf Mal war Markus Orgis bereits auf dem Mega-Event. Als er gehört hat, dass es eine Heavy-Metal-Kreuzfahrt geben wird, hat er nicht lange gezögert: "Die Kombination aus den vielen Konzerten, die Möglichkeit, die Städte anzugucken und vor allem die eigene Dusche - das hat für mich den Ausschlag gegeben."
Doch Markus Orgis konnte nicht nur einen Platz auf dem Schiff ergattern, sondern auch einen Termin bei der Schiffstätowiererin Catharina Pomorin aus Hamburg. Er lässt sich das Wacken-Logo, den Schädel eines Bullen, in seine Haut verewigen. "Für mich ist es eine Ehre, diesen Schädel als Tattoo zu tragen. Dann erinnere ich mich mein Leben lang an eine schöne Kreuzfahrt." Für das Tattoo muss er nichts zahlen, bei einer Verlosung wurde sein Name gezogen. Für den Dresdener ist es das erste Tattoo: "Es hat auch nur ein bisschen weh getan, wie kleine Spritzen, die in die Haut stechen", gibt sich Markus tapfer.
Heavy Metal trifft auf Entspannung
Das Ehepaar Cornelia und Ulrich Trettner aus Spenge in Norddeutschland hat am Abend zuvor noch zu Bands wie Lord of the Lost und Arch Enemy mitgesungen - ihre Stimmen sind noch ganz heiser. Doch heute wollen sie nicht nur ihren Stimmen Entspannung gönnen, sondern auch ihren Körpern. Für ausgelaugte Metal-Fans bietet der Spa-Bereich des Schiffs passende Massagen an: Sie können wählen zwischen einem "Neckbreaker-Special", einer Rückenmassage, die den Kopf wieder zum Headbangen fit macht, oder einer Full Metal Massage, einer Ganzkörpermassage.
"Wir lieben Heavy-Metal-Musik, aber hier im Spa-Bereich ist es auch mal ganz angenehm, entspannte Musik zu hören. Ein ganz schöner Kontrast zum Bühnenprogramm, aber dafür können wir hier wieder Energie für die nächsten Konzerte tanken", erklärt Ulrich Trettner.
Eingefleischte Fans brauchen Energie
Rund 800 Mitarbeiter sorgen für das Wohl der Passagiere, die größtenteils aus Deutschland kommen. Küchenchef Josef Nürnberger arbeitet bereits seit zehn Jahren auf Kreuzfahrten. Für den Österreicher ist die Metal-Cruise eine angenehme Abwechslung: "Die Passagiere sind nicht so anspruchsvoll und sehr zuvorkommend. Gib ihnen eine Currywurst und drücke ihnen ein Bier und die Hand - schon sind die meisten glücklich".
Im Vergleich zu gewöhnlichen Fahrten muss Nürnberger allerdings sein Repertoire anpassen: Metal-Fans brauchen viel Energie, es kommt vor allem viel Fleisch auf den Teller. Der Renner und Klassiker unter den Gästen ist der sogenannte "Metal-Burger" - ein deftiger Burger mit Spiegelei, vielen Zwiebeln und Pommes. "Normalerweise stellen wir für den gleichen Zeitraum auf einer gewöhnlichen Kreuzfahrt wenige hundert Burger bereit, für diese Kreuzfahrt haben wir über 5000 davon geordert", erklärt Nürnberger.
Auch wird um zwei Drittel mehr getrunken als auf anderen Kreuzfahrten: Bereits am zweiten Tag der Cruise wurden mehr Getränke vernichtet als in der vorhergehenden Kreuzfahrt über die gesamte Reisedauer. Neben Bier fließt auch viel Wasser die Kehlen der Metal-Fans herunter - um den Kater am nächsten Tag zu bekämpfen und fit für den nächsten Full-Metal-Cruise-Tag zu sein.