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Der Fußball, die Fans und das Virus

Marko Langer
21. September 2020

Mit den Fans ist mehr Stimmung im Stadion. Darüber sind sich alle einig. Doch ob das DFL-Konzept trägt, hängt von der Pandemie-Entwicklung ab. In Leverkusen und anderenorts bereitet man die Rückkehr der Zuschauer vor.

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Bundesliga Borussia Dortmund vs. Borussia Mönchengladbach
Rückkehr der Zuschauer - zum Beispiel am ersten Spieltag in DortmundBild: Bernd Thissen/dpa/picture-alliance

In der Debatte um die Fans in  den Stadien gibt es gegenwärtig mehrere "Hotspots" - was aber hier bitte nicht als Synonym für zu hohe Corona-Infektionswerte zu verstehen ist. "Hotspot" Nummer eins: Köln, wo es nach der kurzfristigen Ausladung der Fans beim Spiel des FC gegen Hoffenheim am vergangenen Samstag ordentlich Verstimmung gab. "Hotspot" Nummer zwei: München, wo das Management am Freitagabend vorbildlich vorgemacht hat, wie es nicht funktioniert mit Abstandhalten und Maskentragen. Und ein dritter Schauplatz ist Leverkusen, wo man sich in Ruhe und optimistisch auf den kommenden Samstag vorbereitet. Denn dann hätte der Verein in der BayArena im Topspiel gegen RB Leipzig gerne eigene Anhänger auf den Tribünen. Ob das geht?

Abstand halten, Maske tragen

Eine Garantie gibt es nicht. "Es gibt Dinge, die können wir als Club beeinflussen. Das Infektionsgeschehen gehört nicht dazu", sagt Stephan Rehm, Veranstaltungsleiter bei Bayer Leverkusen. Der Verein bereitet gerade die Rückkehr der Fans in die BayArena am kommenden Samstag vor. Weil es auch hier deutlich mehr Interessenten als zur Verfügung stehende Plätze gibt, musste Bayer 04 an diesem Montag auslosen. Und dann gilt das detaillierte Hygienekonzept: Abstand halten, Masken im gesamten Stadionbereich. "Nur wenn man den Platz erreicht hat, ist den Zuschauern freigestellt, ob sie die Maske abnehmen oder nicht", sagt Rehm. 

BayArena
Die BayArena vor der Rückkehr der FansBild: Rolf Vennenbernd/dpa/picture alliance

Der Veranstaltungsmanager steht in diesen Tagen in regelmäßigem Austausch mit der Stadtverwaltung. "Es geht ja nicht nur um die Infektionszahlen", sagt er im Gespräch mit der DW. Busse und Bahnen müssen am Spieltag in einer anderen Taktung eingesetzt werden und Ordner disponiert werden. "Und Sie können beispielsweise ja auch nicht 8000 Würstchen erst am Samstag in der Metro kaufen", fügt Rehm im Scherz hinzu.

Der Bayer 04-Veranstaltungsleiter ist vom Konzept der Leverkusener, das auf den Vorgaben der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des DFB basiert, überzeugt. Er hat gesehen, wie bei der Saisonpremiere von Bayer 04 in Wolfsburg 500 Zuschauer dabei sein konnten, "und die hatten alle leuchtende Augen". Nachdem das nun alles Wolfsburger Anhänger waren, würde man der eigenen Mannschaft am kommenden Samstag gerne auch Unterstützung bieten. "Wir kennen unsere treuen Anhänger, wir dürfen also zuversichtlich sein, dass das klappt", sagt auch Fan-Beauftragter Frank Linde. Mit anderen Worten: diszipliniertes Einhalten der Vorgaben. Und noch in einem anderen Punkt sind sich Fan-Beauftragter und Veranstaltungsleiter einig: "Das wird ein ganz anderer Spieltag, als wir das bislang von Spielen in der BayArena kannten."

Und dann verlor der FC auch noch ...

Das sagen sie auch in Köln, womit man in dem benachbarten "Hotspot" angekommen wäre. Dort gab es nach der sehr kurzfristigen Ausladung der Fans am vergangenen Freitagabend ziemlichen Ärger über das Verhalten der Stadtspitze. Vereinsgeschäftsführer Alexander Wehrle reklamierte Gesprächsbedarf und mahnte Planungssicherheit an - etwas übersehend, dass Sars-CoV2 ein unkalkulierbarer Gegner ist, der auch in der Nachspielzeit noch Treffer erzielen kann. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich am späten Freitagabend nochmal mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann abgestimmt - und war dann gut beraten, die sozialen Netzwerke angesichts des Geisterspiels keines Blickes zu würdigen. Fans waren böse. Sehr böse. Und dann verlor der FC auch noch.

Alexander Wehrle - Trainingsauftakt 1. FC Köln
Zu wenig Planungssicherheit? Alexander Wehrle, der Geschäftsführer des 1. FC KölnBild: Revierfoto/dpa/picture alliance

"Ich verstehe den Unmut, auch ich wäre am Samstag gerne im Stadion gewesen", sagte die parteilose Reker dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Aber: "Wenn wir uns alle gemeinsam auf Regeln verständigen, dann müssen wir uns auch daran halten. Entscheidungen, die auf aktuellen Zahlen beruhen sollen, können eben auch nur aktuell getroffen werden." Nach Angaben der Stadt, in der am kommenden Sonntag eine Oberbürgermeister-Stichwahl zwischen Reker und SPD-Herausforderer Andreas Kossiski stattfindet, soll die Inzidenzzahl (die Zahl der Erkrankten auf 100.000 Einwohner bezogen) am Freitag "final bei 36,75" gelegen haben. Ab einem Wert von 35 dürfen laut des Hygienekonzepts der DFL keine Zuschauer ins Stadion. Zum Vergleich: In Leverkusen ist gegenwärtig von Werten zwischen 24 und 26,5 die Rede. Könnte also klappen.

Derweil bemüht man sich am dritten "Hotspot", in München, die Aufregung über ein, nun ja, ungeschicktes Foto-Motiv aus der Welt zu schaffen: Alle Bayern-Verantwortlichen nebeneinander auf der Tribüne beim erfolgreichen 8:0-Saisonauftakt, das kam nicht ganz so gut an. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge versprach Besserung: "Wir sind uns alle einig, dass das Bild nicht vorbildlich war. Wir werden das ändern", sagte Rummenigge dem TV-Sender Sky. "Laut der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen-Verordnung durften wir so sitzen, doch im Nachhinein muss ich sagen, man hätte das Thema sensibler handhaben können mit Blick auf unsere Vorbildfunktion."

Fußball Bundesliga FC Bayern München - FC Schalke 04
Zu wenig Abstand: die Verantwortlichen des FC Bayern beim SaisonauftaktBild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

"Eine Art Fußball-Ischgl"

Wenn die Bayern am kommenden Donnerstag nach Budapest zum Endspiel um den europäischen Supercup gegen den FC Sevilla reisen, liegt dieses Ziel angesichts steigender Infektionszahlen nach der Einteilung des Robert Koch-Instituts in einem Risikogebiet. An sich sollten 2100 Fans aus München mitreisen. Die UEFA plant, die über 60.000 Zuschauer fassende Puskás Arena bis zu einem Drittel zu füllen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder kündigte vor diesem Hintergrund an, dass die Bayern-Fans damit rechnen müssen, anschließend in Quarantäne geschickt zu werden. Er befürchte in Budapest "eine Art Fußball-Ischgl" - und bitte die Fans, "sich grundsätzlich zu überlegen, ob das nötig ist".

Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch die Entscheidung gelobt, die Bundesliga-Auftaktpartie in München ohne Zuschauer auszutragen, und ähnliche kurzfristige Schritte auch künftig nicht ausgeschlossen. "So bitter das für den Einzelnen und die Stimmung beim Fußball sein mag: Wenn regional die Infektionszahlen steigen, sollten keine Fans ins Stadion. Die Stadt München hat das genau richtig gemacht", sagte der CDU-Politiker der "Rheinischen Post".

Wie gesagt: Das Virus trifft auch in der Nachspielzeit.