Mars ohne Rückkehr
1. März 2015Wim Kijkshoorn war einer von 200.000 Astronauten-Kandidaten weltweit, die sich für ein One-Way-Ticket zum Mars beworben haben. Mars One heißt die private Organisation, die die Mission durchführt und sich zum Ziel gesetzt hat, 2024 die ersten Mars-Kolonisten auf dem Nachbarplaneten anzusiedeln.
Nach mehreren Bewerbungsrunden hat Dijkshoorn am 16. Februar 2015 die Nachricht erhalten, dass er nicht in die Riege der letzten 100 Kandidaten aufgenommen wurde. Nach diesem Bescheid sprach er mit der Deutschen Welle über seine Bewerbung.
Wie hat dich deine Bewerbung um ein One-Way-Ticket zum Mars persönlich verändert?
Wenn man in der ersten und zweiten Runde als potenzieller Astronaut ausgewählt wird, wird die Mission immer konkreter. Andere Menschen fangen an, Fragen zu stellen und man selbst stellt sich auch immer mehr Fragen: Zum Beispiel, warum man die Erde überhaupt verlassen möchte und was man für eine Idee von der Mission hat. Ich glaube außerdem, dass ich meine Beziehungen zu meiner Familie und meinen Freunden heute mehr wertschätze.
Ich glaube, die Beziehungen sind stärker geworden, weil ich meinen Mitmenschen ja auch erklären musste, warum ich bereit wäre, sie zu verlassen.
Was war beim Bewerbungsprozess am Überraschendsten?
Als ich angefangen habe mich zu bewerben, war ich sehr enthusiastisch und leidenschaftlich. Aber dann wurde ich dem Projekt gegenüber immer kritischer. Ich habe zum Beispiel angefangen, mich mit technischen Fragen auseinanderzusetzen - auch wenn das eigentlich gar nicht mein Hintergrund ist. Aber ich habe begonnen, mich zu fragen, was es wirklich heißt, auf dem Mars zu leben und wie das Ganze organisiert sein soll.
Am Anfang dachte ich: Das ist ein großartiges Projekt und es ist möglich und wir werden das machen! Und ich glaube immer noch, dass es technisch möglich ist. Aber ich habe doch auch gemerkt, dass es da auch noch andere Gesichtspunkte gibt als einfach nur die technischen Fragestellungen. Zum Beispiel die psychologischen Aspekte.
Was waren die größten technischen Herausforderungen, über die du nachgedacht hast?
Auf der technischen Seite sind die meisten Fakten ja bekannt. Das Leben auf dem Mars ist einfach, könnte man sagen. Aber die Reise zum Mars ist wegen der Strahlung, die auf einen einprasselt, gefährlich. Und es ist nicht klar, welche Effekte diese Strahlung auf organisches Leben und die Menschen hat.
Aber ich denke noch wichtiger ist die Frage: Wie wird das tägliche Leben der Menschen dort oben eigentlich aussehen? Weil natürlich kann man all die Technik haben, aber trotzdem muss man sich genaue Gedanken darüber machen, wie die Menschen dort leben werden, in was für einer Umwelt. Aber wie will man Menschen schon auf so etwas vorbereiten?
In allen Simulationen wurde deutlich, dass man noch so viele Spezialprojekte haben kann und noch so viel Forschung, am Ende langweilen sich die Menschen. Es sind dann ja immer die gleichen Personen um dich. Und es gibt da keine anderen Impulse, etwa von der Natur auf der Erde, oder von anderen Menschen oder von anderen Orten, die man besuchen kann. Das ist also eine der Fragen, auf die ich aufmerksam geworden bin. Und auf die ich auch noch keine Antwort gefunden habe. Was würde wohl der beste Weg für eine Gruppe von Menschen sein, um nicht völlig isoliert und gelangweilt zu sein - und letztlich ein schreckliches Leben zu führen?
Mit deinem Wissen als ehemaliger Kandidat der Mission - glaubst du, dass die Mission ein Erfolg sein wird?
Ja, ich glaube es wird ein Erfolg. Weil immer mehr Menschen über das Thema nachdenken. Das Interesse wächst und es ist nichts mehr, was völlig außerhalb dieser Welt ist.
Was ist das größte Missverständnis, dass Außenstehende von der Mars One-Mission haben?
Ich denke, viele Leute haben die Idee, dass Menschen, die sich für einen Aufenthalt auf dem Mars interessieren, vor ihren Alltagsproblemen davonlaufen oder das Leben auf der Erde nicht schätzen. Aber ich glaube, die meisten Bewerber, die jetzt noch im Rennen sind, sind einfach fürchterlich neugierig. Sie lieben ihr Leben auf der Erde - aber sie haben eben die Chance, an diesem interessanten Projekt teilzunehmen. Das sind keine merkwürdigen Menschen. Das sind ganz normale Männer und Frauen mit ein wenig mehr Interesse an diesen Dingen als andere.
Wim Dijkshoorn ist 21 Jahre alt und lebt in Nijmegen in den Niederlanden.
Das Interview führte Carl Nasman.