Gemeinsam gegen sexuelle Gewalt in Kriegen
10. April 2013Im prächtigen "Lancaster House", dem Gästehaus des britischen Außenministeriums, unweit vom Buckingham Palast, trafen sich am Mittwoch (10.04.2013) die Außenminister der sieben führenden Industrienationen (USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan) und Russlands zu ihrem jährlichen G8-Gipfel. Bis Donnerstag wollen sie über verschiedene außenpolitische Themen diskutieren. Ganz oben auf der Tagesordnung: der blutige Bürgerkrieg in Syrien und die Spannungen mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un.
Viel entscheiden könne die Gruppe der Acht aber wohl nicht, vermutet der Politologe und G8-Experte von der Universität Trier, Professor Hanns W. Maull. Im Streit um Syrien würden die westlichen Außenminister und Russland unverändert gegensätzliche Positionen vertreten, sagt Maull im Gespräch mit der Deutschen Welle. Und für die Lösung der Krise um Nordkorea bräuchte man China mit am Tisch, den einzigen Verbündeten des kommunistischen Atomstaates. Einigkeit herrschte aber bei einem anderen Thema: Zum ersten Mal beraten die G8-Außenminister über sexuelle Gewalt in Kriegen und eine effizientere Strafverfolgung der Täter.
Einigkeit bei Ächtung sexueller Gewalt
Vergewaltigung im Krieg, wie sie zigtausendfach in Ruanda, im Kongo oder in Bosnien und Herzegowina vorgekommen sei, müsse geächtet und stärker strafrechtlich verfolgt werden, fordert der britische Außenminister William Hague. "Sexuelle Gewalt in Konflikten muss beendet werden, wenn man die Konflikte wirklich lösen will. Wird nämlich Vergewaltigung als Waffe im Krieg eingesetzt, dann wird es für die Gesellschaft problematischer zusammenzuleben - und für die Betroffenen viel schwieriger, mit ihrem Leben hinterher fertig zu werden", sagte Hague im April beim Besuch einer Hilfsorganisation im Kongo.
Die Gruppe der Acht will unter Führung Großbritanniens eine neue politische Initiative starten, um die Vereinten Nationen bei der Ächtung von sexueller Gewalt in Konflikten zu unterstützen. "Das müssen wir bei unserer humanitären Arbeit berücksichtigen. Das muss in die Arbeit von Regierungen mit großen Entwicklungshilfe-Programmen einfließen, auch in die Arbeit des UN-Sicherheitsrates. Das ist eine riesige Aufgabe, die wir verfolgen und für die wir um Aufmerksamkeit werben", sagte Außenminister Hague.
Vergewaltigung als Waffe auch in Syrien
Die Strafverfolgung von Verantwortlichen solle verbessert werden, um einen abschreckenden Effekt zu erreichen, erklärte Hague vor Beginn des Treffens in London. Die G8-Außenminister wollen mehr Geld für die Arbeit entsprechender Hilfsorganisationen bereitstellen, konkrete Zahlen wurden in London bislang aber noch nicht genannt. Die G8 sollten nach den Vorstellungen der britischen Präsidentschaft die Vereinten Nationen mehr bei ihrem Kampf gegen Massenvergewaltigungen in Kriegen unterstützen. Die Sonderbeauftragte der UN für diese Frage, Zainab Bangura, wird in London zu den Ministern sprechen. Die ehemalige Außenministerin von Sierra Leone bereist im Auftrag der Vereinten Nationen ehemalige Kriegsgebiete in Somalia und Kongo, um mit Hilfsorganisationen und Regierungen über den Schutz von Opfern zu beraten.
Auch im aktuellen Konflikt in Syrien werde sexuelle Gewalt gegen Frauen, aber auch Männer und Kinder, massenhaft als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Das schreibt Lauren Wolfe, Direktorin der Hilfsorganisation "Women under Siege" in einem Bericht vor dem G8-Treffen. Lauren Wolfe beruft sich auf Befragungen von Opfern in syrischen Flüchtlingslagern. Auch die Vereinten Nationen hatten von sexueller Gewalt im syrischen Bürgerkrieg berichtet. Sowohl die Regierungstruppen als auch die Rebellen würden zu diesem Mittel greifen, so die Vereinten Nationen. Die meisten Übergriffe verübten aber die Regierungstruppen, schreibt Lauren Wolfe. Genaue Zahlen könnten im laufenden Konflikt aber schwerlich erhoben werden.
Gespannt sind Beobachter auf die Stellungnahme des japanischen Außenministers Fumio Kishida, der zu den G8-Außenministern gehört. Schließlich ist Japan von dem Thema zumindest historisch betroffen. Japan hatte die Verantwortung für die sexuelle Versklavung von Frauen aus Besatzungsgebieten in Korea und China während des Zweiten Weltkrieges übernommen. Der neue nationalistisch gesinnte Ministerpräsident Shinzo Abe will diese historische Verantwortung möglicherweise relativieren.
Das Treffen der acht Außenminister in London dient der Vorbereitung des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs im Juni. Dort wollen sich die Chefs aber eher mit wirtschaftspolitischen Fragen beschäftigen.