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Gabriels Balanceakt in Riad

Jens Thurau7. März 2015

In Saudi-Arabien würde Bundeswirtschaftsminister Gabriel am liebsten nur über Wirtschaftskontakte reden. Doch das Schicksal des Bloggers Raif Badawi bestimmt die Reise des SPD-Chefs an den Golf.

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Saudi Arabien Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in Riad
Bild: picture-alliance/dpa/B. v. Jutrczenka

Mit ernstem Gesicht kommt Sigmar Gabriel am Samstagabend in den Festsaal des noblen Hotels Interconti, um mit seinem saudischen Kollegen Al Assaf eine Sitzung der arabisch-deutschen Wirtschaftskommission zu eröffnen. Über hundert Wirtschaftsvertreter aus Deutschland, Anlagenbauer und Solarunternehmer vor allem, sind mit dabei auf dieser Reise an den Golf.

Aber die Journalisten, die den SPD-Politikern begleiten, wollen jetzt in Riad nur wissen, ob sich Gabriel für den Internet-Aktivisten Raif Badawi einsetzt, dem möglicherweise sogar die Todesstrafe droht. Dem Blogger wird vorgeworfen, sich vom Islam abgewandt zu haben, weil er sich in Saudi-Arabien für die Menschenrechte einsetzte. Anfang Januar erhielt er die ersten 50 von 1000 Stockhieben, zu denen er verurteilt wurde. Eine Tortur, die er kaum überleben kann.

Gabriel weiß, wie wichtig dieses Thema in Deutschland, in Europa, in den USA ist. Hat er das heikle Thema schon angesprochen gegenüber seinen saudischen Gesprächspartnern? "Kein Kommentar", sagt er schmallippig. "Natürlich sind die Menschenrechte hier ein Thema, ist doch klar", fügt er noch hinzu. Gabriel setzt ganz offenbar darauf, dass er hinter verschlossenen Türen mehr für den 31jährigen erreichen kann.

Demonstration für die Freilassung des Bloggers Raif Badawi (Foto: Getty Images)
Demonstration für die Freilassung des Bloggers Raif BadawiBild: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Geschäfte ja, Rüstung nein?

Tatsächlich soll es bei der Reise mehr um die Wirtschaft gehen, und dabei ganz ausdrücklich nicht um Waffengeschäfte. Lange Jahre war Deutschland ein wichtiger Lieferant für Waffen an den Golf, aber Gabriel hatte schon im Bundestagswahlkampf 2013 versprochen, Rüstungsgeschäfte in Krisengebiete stark einzuschränken. Vor allem, wenn die Gefahr besteht, dass sie zur Niederschlagung von Aufständen genutzt werden könnten, was in Saudi-Arabien denkbar ist. Der Minister hat deshalb nicht einen Vertreter der deutschen Rüstungsschmieden mit an den Golf genommen, obwohl es viele Anfragen dafür gab. Die Saudis aber werden Gabriel mit Sicherheit überreden wolle, seine starre Haltung zu überdenken.

Trotz des Neins zu Waffenexporten: Das Interesse an dieser Reise bei den deutschen Unternehmern war riesig: "Wir haben viele Absagen erteilen müssen, obwohl die Delegation mit über hundert Wirtschaftsvertretern sehr groß ist", sagt Brigitte Zypries, frühere Bundesministerin und derzeit Staatssekretärin im Gabriel- Ministerium.

Kontakte sind alles

Zwei, die es geschafft haben und mit dem Minister reisen, sind Wolfgang Röhrig, Chef des mittelständischen Armaturenbauers Gutermuth aus Altenstadt in Hessen und Thomas Gellweiler, Geschäftsführer der Firma RITAG aus Osterholz-Scharmbeck. Beide sind schon länger am Golf aktiv und liefern Armaturen und Ventile für die staatlichen Öl- und Gasgiganten in den Golfstaaten.

Und für beide sind Reisen wie diese immens wichtig: "Aufträge bekommt man in dieser Region nur, wenn man die wichtigen Leute in den Unternehmen kennt, und solche Kontakte kann man hier knüpfen", sagt Röhrig. "Man kann sich sogar bei späteren Kontakten auf diese Reise beziehen." Der Markt am Golf, ergänzt Gellweiler, werde immer wichtiger: "China lässt nach, auch in Europa bricht Einiges weg, und hier in der Region hat das Prädikat 'Made in Germany' immer noch einen hohen Wert."

Und so trifft Gabriel am Sonntag in Riad die saudischen Minister für Wasser und Elektrizität, bevor der Tross weiterfliegt in die Vereinigten Arabischen Emirate. Dort soll es dann ebenso wie am Dienstag in Katar vor allem um den Ausbau von Erneuerbaren Energien am Golf gehen, von dem sich die deutschen Firmen satte Aufträge versprechen.