Gao Yus Familie appelliert an Maas
6. Juli 2015Justizminister Heiko Maas hält sich derzeit zum deutsch-chinesischen Rechtsdialog in Peking auf. Die Familie der kritischen Journalistin Gao Yu nutzte die Gelegenheit, um den Minister aufzurufen, sich bei seinem Besuch in der chinesischen Hauptstadt für die 71-Jährige einzusetzen, die schon lange an Herzproblemen leidet. Gao Yu hatte früher für den chinesischen Dienst der Deutschen Welle gearbeitet.
Zu Beginn seines einwöchigen Besuches in China nahm Maas im Pekinger Vorort Huairou am Auftakt des zweitägigen Rechtsdialogs teil. Im Mittelpunkt steht das Thema "Häusliche Gewalt". Ferner wird der SPD-Politiker Gespräche mit dem Rechtsamt des Staatsrates und dem Justizministerium führen.
"Herzleiden wird schlimmer"
Gao Yus Bruder erklärte, dass sich die gesundheitliche Verfassung seiner Schwester verschlechtert habe. Er warnte, ihr Zustand könnte lebensbedrohlich sein. Er fügte hinzu, die Symptome deuteten nach Angaben befreundeter Ärzte darauf hin, dass das Krankheitsbild etwas mit den Blutgefäßen im Gehirn zu tun habe. Seine Schwester bekomme aber nur Schmerzmittel. "Wir haben eine eingehende medizinische Untersuchung gefordert." Er befürchte, dass sie einen Schlag erleiden könnte.
"Ihr Herzleiden wird schlimmer", sagte auch ihr Anwalt Shang Baojun der Deutschen Welle in Peking, nachdem er Gao Yu im Gefängnis besucht hatte. "Sie hat häufiger Schmerzen in der Brust", fügte er hinzu. Ihre linke Hand sei zeitweise taub. Es fehle ihr an Kontrolle über die Handmuskeln. Ihre Familie befürchte, es könnte sich um ein Vorzeichen eines Schlaganfalls handeln. Insgesamt sei Gao Yus gesundheitlicher Zustand "sehr beunruhigend." Die Journalistin leidet zudem unter Bluthochdruck und der Meniere-Krankheit, die Gleichgewichtsstörungen, Gehörverlust und Ohrengeräusche auslöst.
Sieben Jahre Haft
Gao Yu war im April wegen "Verrats von Staatsgeheimnissen" zu sieben Jahren Haft verurteilt worden, was zu heftigen Protesten unter anderem der Bundesregierung und der Europäischen Union geführt hatte. Der Berufungsantrag der Verurteilten hätte eigentlich in diesem Monat behandelt werden müssen. Doch erfuhr der Anwalt erst am Freitag, dass der Fall verschoben worden sei. Eine Entscheidung könne jetzt erst innerhalb der nächsten zwei Monate fallen, sagte Shang Baojun.
Der Staatsanwalt warf Gao Yu vor, ein "hoch vertrauliches Dokument" an Kräfte im Ausland gegeben zu haben. Das Gericht stellte nach Angaben ihrer Anwälte klar, dass es um das parteiinterne "Dokument Nr. 9" der Kommunistischen Partei gegangen sei. Darin wird vor den Gefahren einer Pressefreiheit nach westlichem Vorbild und universeller Menschenrechte gewarnt.
Gao war im Zusammenhang mit der Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz im Jahr 1989 festgenommen worden. In den 90er Jahren wurde sie für ihre politischen Schriften ebenfalls wegen des "Verrats von Staatsgeheimnissen" für sechs Jahre ins Gefängnis gesteckt. Ende April 2014 wurde Gao vor dem 25. Jahrestag der Tiananmen-Proteste mit Dutzenden anderen Regierungskritikern vorübergehend festgenommen. Das International Press Institute setzte Gao im Jahr 2000 auf seine Liste der 50 "Helden der Weltpresse".
kle/uh (dpa, afp, DW)