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Politik

Keine Zukunft den Militärdiktaturen!

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
13. April 2019

Lange Zeit genoss das Militär in der arabischen Welt hohes Ansehen. Doch die revoltierenden Massen sehnen sich nach einer anderen Zukunft, meint Rainer Hermann von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

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Ägypten Militärchef Al-Sisi zum Feldmarschall befördert
Inzwischen tritt er in Zivil auf, aber faktisch ist Ägyptens Präsident Al-Sisi ein MilitärdiktatorBild: Reuters

In der arabischen Welt dreht sich das Rad der Geschichte wieder zurück. Denn von Ägypten über Algerien bis Sudan behaupten sich die Militärs. Sie setzen gegen alle Massenproteste ihre Konterrevolution - zumindest vorläufig - durch. Dabei haben sie ihr Ansehen längst verspielt. Weil sie ihre Länder in die Unabhängigkeit geführt und diese dann auch verteidigt haben, waren sie lange glaubwürdig. Zudem waren sie in den jungen Staaten die Institution, in denen auch für Menschen aus einfachen Verhältnissen ein sozialer Aufstieg möglich war.

Machtgierig, verkrustet und korrupt

Das alles ist aber verklärende Vergangenheit. Die Militärs waren mit dem Versprechen angetreten, einen starken Staat zu schaffen, um rasch den Entwicklungsrückstand zum Westen zu verkürzen. In den vergangenen Jahrzehnten wurden sie aber machtgierig, verkrustet und korrupt. Der Sicherheitsapparat diente nicht mehr dazu, das Land gegen äußere Feinde zu schützen, sondern die eigene Bevölkerung in Schach zu halten. Der Graben zwischen dem Militär als dem Symbol für den starken Staat, und der entmündigten Gesellschaft wurde tiefer und breiter. Aufgrund des Denkens in einem Nullsummenspiel - wenn ich den anderen etwas gebe, habe ich weniger - bieten die von Militärs dominierten Staaten wenig Aufstiegschancen und keinen gesunden Wettbewerb mehr.

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann ist Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"Bild: Helmut Fricke

Der Druck im Kessel musste daher zunehmen, bis der Kessel Anfang 2011 zum ersten Mal explodierte. Wo immer das Militär, der Sicherheitsapparat und der tiefe Staat schwach waren (und es weiter sind), konnte sich - wie in Tunesien und Marokko - ein neuer gesellschaftlicher Pluralismus herausbilden. Wo immer hingegen das Militär Pfründe zu verlieren hat, wie in Ägypten, ist es zu allem bereit, um die Macht zu verteidigen und gesellschaftliche Freiheiten abzuwürgen.

Algerien und Sudan haben acht Jahre nach dem ersten Höhepunkt der arabischen Massenproteste den Vorteil, aus den Erfahrungen anderer Länder zu lernen, um so Fehler zu vermeiden. Die Demonstranten in Algerien und Sudan akzeptieren zwar, dass die Militärs in einer Übergangszeit gebraucht werden, um die Ordnung sicherzustellen. Sie pochen aber darauf, dass in den Übergangsgremien neben Militärs auch Zivilisten vertreten sind.

Die angehaltene Uhr in Ägypten

Entscheidend wird sein, wie viel Verantwortungsbewusstsein die Militärs an den Tag legen werden. Am Beispiel Ägyptens sehen sie zwar, wie man mit Repression ein Land ruhig stellt. Die Zeit der bleiernen Militärdiktaturen ist jedoch abgelaufen. Die mögen - wie in Ägypten - die Uhr anhalten. Die Zukunft gehört ihnen jedoch nicht.