Gauck wünscht Dialog mit Muslimen
8. März 2013"Mit Ihrem Glauben und Ihrer Kultur sind Sie Teil der Gegenwart und auch Teil der Zukunft unseres Landes", sagte Bundespräsident Joachim Gauck an die muslimischen Jugendlichen beim Empfang im Schloss Bellevue gerichtet. Die rund vier Millionen Muslime in Deutschland bildeten schließlich die drittgrößte Religion in Deutschland, betonte Gauck. Und an alle Teilnehmer der Jungen Islam-Konferenz gewandt sagte er: "Ihr Deutschland - das ist für Sie, die junge Generation, ganz selbstverständlich ein Land mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Glaubens."
Die junge Islam-Konferenz ist ein Projekt der Stiftung Mercator und der Humboldt-Universität Berlin. Sie findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Initiiert wurde das Treffen, um neben den offiziellen Stimmen der Islamkonferenz auch die Meinungen der jungen Menschen zu hören. Teilnehmer sind größtenteils Studenten mit und ohne Migrationshintergrund, mit und ohne religiöser Bindung. Zwei Tage lang wollen sie in Arbeitsgruppen und Diskussionsrunden mit Politikern die Rolle des Islam in Deutschland erörtern. Gemeinsam erarbeiten sie Empfehlungen und werden dem Bundesinnenminister einen Forderungskatalog übergeben.
Gauck fordert Aufklärung
"Der Islam gehört zu Deutschland", damit hatte Gaucks Vorgänger im Amt, Christian Wulff, der Diskussion über das multikulturelle Leben in Deutschland einen neuen und wichtigen Impuls gegeben. An diesen realpolitischen Blick knüpft Gauck an, geht aber noch weiter. Das tat er in seiner Europa-Rede und nun auch wieder zum Startschuss der Jungen Islam-Konferenz 2013. "Identität ist vielschichtig und wird von vielen Bereichen wie auch Religion und Kultur bestimmt", sagte Gauck. "Es gilt, dass das eine nicht das andere verdrängt". Aber die verschiedenen Wurzeln veränderten uns alle.
Auf Basis eines solchen gesamtgesellschaftlichen Commitments sieht Gauck die Möglichkeit eines "neugierigen, vorurteilsfreien und respektvollen Dialogs" über Chancen und Schwierigkeiten. Vorurteilen und Pauschalisierungen solle Aufklärung entgegengesetzt werden. Begegnung sei besser als nur Thesen zu hören. Die Teilnehmer sollen untersuchen, "ob die religiösen und politischen Aspekte genügend getrennt werden". Und die Frage beantworten, was man im Alltag wie und wo besser machen könnte. "Dass ihre Meinung in Deutschland gehört wird, das wünsche ich unserem Land", schloss Gauck seine kurze Eröffnungsrede der zweitägigen Veranstaltung.
Die Jugend ist schon weiter
Die 23-jährige Studentin Tutku Güleryüz aus Berlin sagte im Namen aller Teilnehmer, welche Botschaft für sie wichtig sei: "Viele tun sich noch immer schwer damit, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dabei ist dies für die junge Generation längst Alltag." Natürlich gebe es auch für sie viele Fragen, aber man dürfe die "Basis des Alltags nicht infrage stellen".
Diese Aussage deckte sich mit der Haltung des Bundespräsidenten. Doch machte Güleryüz auch deutlich, dass sie Angst vor Rechtsextremismus, Muslimfeindlichkeit und religiösem Extremismus habe. "Diese Bilder haben unsere Gesellschaft vergiftet und bedrohen Demokratie und Minderheitenrechte", sagte Güleryüz. Die Wahrnehmung des Islam sei stellvertretend für den Umgang der Gesellschaft mit Pluralität. "Wir müssen ein neues deutsches Wir entwickeln!"
Dann appellierte Güleryüz an den Bundespräsidenten, er solle den Bürgern erklären, "dass sich die Gesellschaft wandelt".