Schwerer Beschuss aus und auf Gazastreifen
30. Mai 2018Es ist die schwerste Eskalation der Gewalt an der Gaza-Grenze seit dem Krieg 2014: Mehr als 70 Mörsergranaten und Raketen wurden seit Dienstag aus dem Gazastreifen auf Israel abgeschossen, wie das israelische Militär mitteilte. Im Gegenzug beschoss die Luftwaffe etwa 60 Ziele der radikalen Palästinenserorganisationen Islamischer Dschihad und Hamas, die die Angriffe befürworteten. Drei israelische Soldaten wurden durch Granatsplitter verwundet. Von palästinensischer Seite liegen keine Angaben über mögliche Opfer vor.
Ein Sprecher der militanten Gruppe Islamischer Dschihad verkündete am Abend die Einigung auf eine Waffenruhe unter Vermittlung Ägyptens, wie es sie nach dem Gaza-Krieg 2014 gegeben habe. Man werde sich an die Kampfpause halten, solange Israel dies auch tue, hieß es. Am Morgen bestätigte dann auch die Hamas diese Waffenruhe. Israel dementierte dagegen laut Medienberichten, dass ein Waffenstillstand vereinbart worden sei.
Außerdem meldete das Militär auch in der Nacht zum Mittwoch neue Raketenstarts aus dem Gazastreifen. Die Luftwaffe griff am späten Abend weiter Ziele im Gazastreifen an. Dabei kamen sowohl Kampfflugzeuge als auch Hubschrauber zum Einsatz. Nach Angaben der Armee wurden unter anderem militärische Ziele der Hamas attackiert und ein Angriffstunnel nahe dem Warenübergangspunkt Kerem Schalom an der Grenze zu Ägypten zerstört.
25 Geschosse abgefangen
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte eine harte militärische Reaktion auf den Beschuss aus dem Gazastreifen an. Die Streitkräfte erklärten, keine Eskalation anzustreben, warnten die Hamas aber ausdrücklich. Nach Angaben der Armee konnte das Abwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) am Dienstag etwa 25 der Geschosse aus dem Gazastreifen abfangen. Allerdings sei eine Mörsergranate im Hof eines Kindergartens im Süden Israels eingeschlagen. In dem von Israel abgeschotteten Küstengebiet wurde nach Darstellung des Bildungsministeriums in Gaza auch eine Schule stark beschädigt, während die Schüler dort ihre Abschlussprüfungen schrieben. Auch von dort gab es aber keine Berichte von Verletzten. Die israelische Armee erklärte, einige der Raketen aus dem Gazastreifen stammten mutmaßlich aus dem Iran.
Die Milizen der Hamas und des Islamischen Dschihad hatten sich zu dem Raketen- und Granatenbeschuss bekannt. In einer seltenen gemeinsamen Erklärung begründeten sie diesen mit Angriffen des israelischen Militärs auf ihre Stellungen im Gazastreifen während der vergangenen Tage. Es handle sich um eine Reaktion auf die israelische Aggression und Verbrechen gegen das palästinensische Volk: "Bombardement um Bombardement, Blut um Blut."
Es war das erste Mal seit Beginn der Proteste entlang der Gaza-Grenze am 30. März, dass Geschosse auf Israel abgefeuert wurden. Seit Ende März wurden mehr als 120 Palästinenser bei Massenprotesten und Konfrontationen mit israelischen Soldaten am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen getötet. Tausende Palästinenser erlitten Verletzungen.
Deutschland kritisiert Palästinenser
Die Bundesregierung verurteilte den Beschuss Israels aus dem Gaza-Streifen "auf das Schärfste". Der stellvertretende Sprecher des Auswärtigen Amts, Christofer Burger, sagte in Berlin: "Diese massiven Angriffe auf Israel sind vollkommen inakzeptabel und durch nichts zu rechtfertigen." Israel habe "unbestritten das Recht, seine Sicherheit und seine Grenzen zu verteidigen und angemessen auf Angriffe zu reagieren".
UN-Sicherheitsrat soll Stellung beziehen
Die USA forderten angesichts der palästinensischen Angriffe eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Sie soll an diesem Mittwoch stattfinden. "Der Sicherheitsrat muss Stellung beziehen zu der jüngsten Runde von Gewalt gegen unschuldige israelische Zivilisten", erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley. Die Führung der Palästinenser müsse "zur Rechenschaft gezogen werden". Eine unabhängige Untersuchung der tödlichen Gewalt an der Gaza-Grenze hatten die USA vor zwei Wochen abgelehnt. Die Verantwortung für die Gewalteskalation liege voll und ganz bei der Hamas, hieß es damals aus dem Weißen Haus. Deshalb sei es auch nicht nötig, Israel zur Zurückhaltung aufzurufen.
kle/stu (dpa, afp, rtr, ape)