Gedenken an Hariri
14. Februar 2007Der Konvoi des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri war gerade am Swimming Pool des altehrwürdigen Hotel "St. Georges" vorbeigefahren, als am 14. Februar 2005 eine mächtige Explosion die Gegend erschütterte. Die Straße sah aus wie ein Kriegsschauplatz. Nachdem man die Toten und Verwundeten geborgen hatte, wurde der Anschlagsort abgesperrt. Er wurde zum Wallfahrtsort von Libanesen, die nicht glauben wollten, dass Hariri umgekommen war. Der Mann, der für so viele von ihnen Vorbild und Hoffnungsträger gewesen war.
Aus ärmlichen Verhältnissen hatte der Sohn eines sunnitischen Bauern in Beirut studiert und war dann als Lehrer nach Saudi-Arabien gegangen, hatte sich dort aber rasch zu einem der größten Bauunternehmer entwickelt - mit den besten Beziehungen zum Königshaus, aber auch immer seiner Heimat verbunden. So war Hariri treibende Kraft hinter dem Abkommen im saudischen Taif, mit dem der jahrelange Bürgerkrieg beendet wurde. Und so war Hariri einer der ersten, die am Ende des israelischen Einmarsches in den neunziger Jahren den Wiederaufbau des Libanon betrieben. Milliardär und Wohltäter - der libanesische Traum. Hariri weitete seine Bauprojekte aus und bald trat er aktiv in die Politik ein, von den einen verehrt, von den anderen angefeindet.
Fahndung nach Tätern erfolglos
Als Ministerpräsident geriet er in Konflikt mit dem pro-syrischen christlichen Präsidenten Lahoud, dieser löste Hariri ab, der Druck der Straße brachte ihn aber wieder zurück ins Amt. Bis er im Herbst 2004 zurücktrat - im Protest dagegen, dass die Syrer ihren Protégé Lahoud durch eine Verfassungsänderung im Amt beließen. Hariri wurde zum Symbol der libanesischen Ablehnung einer fortgesetzten syrischen Einmischung. Fast drei Jahrzehnte lang hatte Damaskus Truppen im Libanon stehen - angeblich als Ordnungs- und Schutzmacht, in Wirklichkeit aber, um das Land zu kontrollieren, das es bis heute als seine eigentliche Westprovinz betrachtet und nicht als unabhängigen Staat.
Sich mit dem eigenen Präsidenten anzulegen, war für Hariri noch leicht gewesen, die Zurückweisung der Syrer aber kostete dem Politiker wahrscheinlich das Leben. Eindeutig steht bis heute nichts über die Täterschaft fest, aber der deutsche Staatsanwalt Detlev Mehlis, der den Anschlag im Auftrag der Vereinten Nationen untersuchte, erhob deutliche Vorwürfe an die Adresse von Damaskus. Syrien, das nur Monate nach dem Hariri-Mord den Libanon verlassen musste, weist dies bis heute weit von sich und der belgische Mehlis-Nachfolger, Serge Brammertz, ist etwas zurückhaltender geworden: Er macht keine direkten Schuldzuweisungen.
Pro-syrische Kräfte lehnen Prozess ab
Für die Familie Hariris - dessen Sohn Saad Führer einer bei den Wahlen erfolgreichen Allianz von anti-syrischen Gruppen und Parteien wurde - steht indes fest: Damaskus ist verantwortlich für den Mord an Hariri und 21 anderen Libanesen, die mit ihm umkamen, sowie für ein gutes Dutzend von Anschlägen gegen Syrien-kritische Politiker und Journalisten. Längst steht aber fest, dass nur ein Prozess endgültige Klarheit schaffen kann. Die Regierung Siniora fordert einen Prozess unter Führung der Vereinten Nationen, die pro-syrischen Kräfte lehnen dies aber ab.
Im Protest verließen Hisbollah- und Hisbollah-nahe Minister die Regierung Siniora und sie schüren seitdem den Widerstand gegen die Regierung, die inzwischen die UNO um die Abhaltung eines solchen Prozesses gebeten hat. Syrien-Freund Lahoud lehnt diesen Schritt als verfassungswidrig ab, denn nur das Parlament könne das entscheiden. Parlamentspräsident Nabih Berri aber ist selbst mit Syrien liiert und er denkt nicht daran, das Parlament zu dieser Frage zusammenzurufen.
Hisbollah fordert mehr Macht
So haben die zwei Jahre seit der Ermordung Rafik Hariris zwar große Veränderungen im Libanon gebracht: Den Abzug der Syrer und neue politische Allianzen wie auch ein neues politisches Selbstbewusstsein der Libanesen. Die Syrien ergebenen Kräfte aber haben sich auch erneut formiert. Und besonders die schiitische Hisbollah, die den Krieg mit Israel im Sommer 2006 weitgehend unbeschadet überstanden hat, fordert heute mehr Macht im Staat ein und sie lässt es dabei seit Monaten zu einer gefährlichen Konfrontation kommen: Zwischen der westlich orientierten Regierung Siniora und den nach Syrien und Iran hin orientierten Oppositionsgruppen. Streiks und Unruhen sind vorerst vertagt, eine Entscheidung steht aber aus. Und nicht wenige Libanesen fürchten, dass zwei Jahre nach Hariri auch die Hoffnung auf einen neuen und besseren Libanon umkommen könnte.