Angst vor Gewalt im Kongo
11. Januar 2019"Ich bleibe bei meiner Position: Die von der Wahlkommission veröffentlichten Ergebnisse entsprechen nicht der Realität", erklärte Martin Fayulu, Präsidentschaftskandidat des kongolesischen Oppositionsbündnisses Lamuka, am Donnerstagabend der DW.
Am Freitag legte sein Wahlkampfmanager Fidèle Babala auf einer Pressekonferenz nach: Er sei in der Lage die Ergebnisse der Parallelauszählung vorzulegen, die den wirklichen Willen des kongolesischen Volkes widerspiegelten. Demnach habe Fayulu mit 61,51 Prozent der Stimmen einen haushohen Sieg eingefahren. Félix Tshisekedi und Emmanuel Shadary hingegen seien mit jeweils rund 18 Prozent weit abgeschlagen auf dem zweiten und dritten Platz gelandet.
Diese Angaben unterscheiden sich deutlich von den am Donnerstagmorgen präsentierten vorläufigen Ergebnissen der Wahlkommission CENI. In dieser offiziellen Version landet Martin Fayulu nur auf dem zweiten Platz, knapp hinter dem Sieger Félix Tshisekedi. Fayulu kündigte an, schon am Samstag beim Verfassungsgericht Klage einreichen zu wollen und rief seine Anhänger zur Demonstration vor dem Gerichtsgebäude auf.
Aufteilung der Macht zwischen Kabilas und Tshisekedis Lager?
Zweifel an der Echtheit der Resultate äußerte am Donnerstagmittag auch die katholische Kirche im Kongo: In einer offiziellen Erklärung wiesen die Bischöfe darauf hin, dass sich die offiziellen Ergebnisse erheblich von den Ergebnissen unterscheiden würden, die die 40.000 Wahlbeobachter der Bischofskonferenz CENCO zusammengetragen hätten. Allerdings sei die CENCO laut Gesetz nicht befugt, ihre Ergebnisse zu veröffentlichen. Diese Aufgabe sei exklusiv der kongolesischen Wahlkommission vorbehalten, hieß es.
Nun warten die Kongolesen gespannt auf die vorläufigen Ergebnisse der Parlamentswahlen, die parallel zur Präsidentschaftswahl am 30. Dezember stattfanden. Doch schon vor der Veröffentlichung der offiziellen Ergebnisse verkündete Alain-André Atundu, Sprecher der Regierungspartei FCC, dass seine Partei erneut die Mehrheit im Parlament erringen werde. Wäre dies tatsächlich der Fall, müsste Tshisekedis Partei UDPS eine Koalition mit Kabilas FCC eingehen. FCC-Sprecher Atundu forderte bereits den Posten des Premierministers für seine Partei.
"Kabilas Leute, die in der Wahlkommission CENI das Sagen haben, sowie das von Kabila kontrollierte Verfassungsgericht werden es Tshisekedi nicht erlauben, eine Mehrheit im Parlament zu haben", sagt Emerie Damien Kawira, Vorsitzender der oppositionellen Gruppe "Kongolesische Koalition für den Übergang" im DW-Interview. Und er spricht aus, was viele Beobachter des Kongo vermuten: "Wir haben glaubwürdige Informationen, dass Kabila und Tshisekedi eine Vereinbarung unterzeichnet haben." Demnach würde der künftige Premierminister von Kabilas Partei kommen. Zudem würde Kabilas Lager weiterhin Schlüsselressorts wie Finanzen und Verteidigung kontrollieren. "Eines ist sicher: Kabila behält weiterhin zumindest ein Teil der Macht", so Kawira.
Auffällige Harmonie zwischen Tshisekedi und Kabila
Beobachter sprechen von einer ungewöhnlichen Annäherung in den vergangenen Tagen zwischen den einst verfeindeten Lagern Tshisekedis und Kabilas. In seiner ersten Siegesrede, nach Verkündung der offiziellen Ergebnisse, würdigte Tshisekedi Präsident Kabila als "Partner des demokratischen Wechsels". Ein Sprecher der Partei Tshisekedis fügte außerdem hinzu, man wolle mit Kabila im Gespräch bleiben.
Aus Sicht Kabilas dürfte Tshisekedi wohl Martin Fayulu im Präsidentenamt vorzuziehen sein. Denn mit dem ehemaligen Gouverneur Katangas Moise Katumbi und dem ehemaligen Milizenführer Jean-Pierre Bemba hat Fayulu zwei prominente Unterstützer, die seit langem zu Kabilas ärgsten Widersachern zählen.
Konflikte und Gewalt verhindern
Viele fürchten nun, dass der politische Streit zu einer Eskalation der Gewalt im Kongo führen könnte. Bei Unruhen in mehreren Städten des Landes sind bereits am Donnerstag mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Auch am Freitag kam es erneut zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern und der Polizei.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, rief alle Parteien dazu auf, "keine Gewalt anzuwenden." Auch der kongolesische Menschenrechtsaktivist Jonas Tshiombela fordert im Gespräch mit der DW eine friedliche Lösung des Konflikts: "Die politischen Konkurrenten haben das Recht, das offizielle Ergebnis in Frage zu stellen, aber eines muss klar sein: Konflikte löst man vor den Gerichten und nicht mit Gewalt", so Tshiombela.
Mitarbeit: Frejus Quenum