Genossenschaften als Immaterielles Kulturerbe vorgeschlagen
28. November 2016Pyramiden, Dome, Schlösser und Parkanlagen, Bauwerke der Römer oder Festungsbauten - seit vielen Jahrzehnten sichert die UNESCO besondere Baudenkmäler oder Kultursammlungen, indem sie sie zum Kulturerbe deklariert. Seit zehn Jahren versucht sie auch, immaterielles Kulturgut zu sichern und für die Nachwelt zu bewahren. Dazu gehören Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten. Das können mündlich überlieferte Traditionen und Rituale sein, darstellende Künste wie Musik, Tanz und Theater, gesellschaftliche Bräuche, soziale Praktiken oder aber auch das Fachwissen über traditionelle Handwerkstechniken.
Inzwischen hat die UNESO-Liste des immateriellen Kulturguts 336 Einträge, vom argentinischen und uruguayischen Tango über die tibetische Oper in China bis zur Pfeifsprache El Silbo von der spanischen Kanareninsel La Gomera.
"Wir wollen nicht nur das Spektakulärste erfassen", sagt der Sekretär für die Konvention zum Erhalt des immateriellen Kulturerbes, Tim Curtis. Ausgewählte Beispiele aus allen Weltregionen sollen einen repräsentativen Überblick über die Vielfalt der Praktiken geben.
Neue Entscheidungen
Bei seinem Treffen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba in dieser Woche (28.11.-2.12.) entscheidet das zuständige Gremium über insgesamt 37 Nominierungen für die Unesco-Liste. Darunter auch ein deutscher Vorschlag: Bereits im März 2015 hat die Deutsche UNESCO-Kommission die "Idee und Praxis der Organisation von gemeinsamen Interessen in Genossenschaften" für die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingereicht. Zur Begründung heißt es: "Genossenschaften als reine wirtschaftliche Unternehmensformen zu betrachten, greift zu kurz: Zwar haben sie in der Regel wirtschaftliche Ziele, doch ist diese spezielle Organisationsform, Menschen mit gemeinsamen Interessen ohne Gewinnerzielungsabsicht zur Erreichung gemeinsamer Ziele zusammenzubringen, von nicht zu unterschätzender kultureller Bedeutung."
Geringe Chancen für Genossenschafts-Modell?
Die Chancen, als Genossenschaft auf diese prestigeträchtige Liste zu kommen, sind allerdings schon gedämpft worden. Ein Expertengremium, das alle Vorschläge prüft, hat empfohlen, den Vorschlag zur Überarbeitung zurückzuschicken. Allerdings muss das Komitee dem nicht folgen. Die Entscheidung in Addis Abeba fällt ein gewähltes Gremium aus Vertretern von 24 Ländern, Deutschland ist darin derzeit nicht vertreten.
Vielleicht klappt es stattdessen, den bereits 2012 aufgenommenen Eintrag für die Falknerei zu erweitern, der ebenfalls zur Entscheidung ansteht. Daran ist Deutschland mit mehreren anderen Ländern beteiligt.
Positives Fazit
Insgesamt 171 Länder haben die 2006 in Kraft getretene Konvention ratifiziert. Zehn Jahre danach zieht Sekretär Tim Curtis ein überwiegend positives Fazit. Das Thema sei weltweit stärker ins Bewusstsein gerückt, vor allem gebe es damit mehr Aufmerksamkeit für Kulturpraktiken von Minderheiten. Allerdings sieht er eine Tendenz, sich zu sehr auf die Listen zu konzentrieren und nur diese Praktiken zu fördern. Die Unesco will nun einen Mechanismus entwickeln, um die Effekte zu überprüfen. "Viele Länder haben Maßnahmen zum Erhalt des immateriellen Kulturerbes begonnen. Das ist Arbeit, die vorher nicht gemacht wurde", so Curtis.
kk/suc (DPA, UNESCO)