Georgiens Behörden sprechen von Ermittlungen zu Wahlbetrug
30. Oktober 2024Nach der umstrittenen Parlamentswahl in Georgien hat die Staatsanwaltschaft des Landes Ermittlungen wegen des Verdachts auf Wahlfälschung eingeleitet. Zur Prüfung der Vorwürfe, dass die pro-russische Regierungspartei Georgischer Traum nicht - wie offiziell verkündet - den Urnengang gewonnen habe, sei die regierungskritische Präsidentin Salome Surabischwili für Donnerstag zur Befragung "einbestellt" worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Es werde angenommen, dass Surabischwili über "Beweise hinsichtlich möglicher Fälschung" verfüge. Ermittlungen zu einzelnen Verstößen am Wahltag und davor liefen bereits.
Keine Oppositionsabgeordnete ins neue Parlament
Die Zentrale Wahlkommission Georgiens hatte die Staatsanwaltschaft um die Untersuchung gebeten. Nach der Auszählung fast aller Stimmen hatte die Kommission die Partei Georgischer Traum mit 53,9 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt. Das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf knapp 38 Prozent.
Die Opposition wirft dem Regierungslager vor, ihr den Sieg bei der Abstimmung am Samstag "gestohlen" zu haben. Sie will aus Protest keine Abgeordneten in das neue Parlament in Tiflis entsenden.
Westliche Wahlbeobachter wie etwa von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats und des EU-Parlaments äußerten ebenfalls Zweifel am offiziellen Ergebnis. Zuletzt hatte auch US-Präsident Joe Biden gefordert, die Unregelmäßigkeiten bei der Wahl transparent zu untersuchen.
Neuauszählung der Stimmen von 14 Prozent der Wahllokale
Am Montagabend versammelten sich zehntausende Oppositionsanhänger zu Protesten gegen das offizielle Wahlergebnis. Auch Staatschefin Surabischwili beteiligte sich daran. Die Wahlkommission kündigte daraufhin am Dienstag an, wegen der Manipulationsvorwürfe die Stimmen von etwa 14 Prozent der Wahllokale, die landesweit zufällig ausgesucht werden sollen, neu auszuzählen.
Präsidentin Surabischwili erwartet allerdings nichts von einer Neuauszählung. Die Wahlkommission sei voreingenommen und fest in den Händen der Regierungspartei, sagte sie dem Radiosender RFI zur Begründung. Sie forderte daher eine internationale Untersuchung der Abstimmung in Georgien.
Die Parlamentswahl galt als richtungsweisend für die ehemalige Sowjetrepublik. Die Partei Georgischer Traum, die seit 2012 an der Macht ist, hält zwar offiziell am Plan fest, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Zugleich bemüht sie sich aber auch um eine Annäherung an Russland. Die Opposition und Surabischwili wollen dagegen das Kaukasus-Land in die EU führen und aus dem Einfluss Moskaus lösen.
sti/AR (afp, dpa, rtr)