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Anhörungen zur Unabhängigkeit des Kosovo

3. Dezember 2009

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat damit begonnen, die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo zu begutachten. Befürworter und Gegner legen zunächst ihre Argumente dar.

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Internationaler Gerichtshof in Den HaagBild: picture-alliance / dpa

Am 1. Dezember hat vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag die öffentliche Debatte über die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo begonnen. Vertreter aus dem Kosovo, Serbien sowie aus 29 anderen Ländern werden bis zum 11. Dezember ihre Argumente für oder gegen die Unabhängigkeit des Kosovo präsentieren. Zum ersten Mal werden in einem Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof auch alle fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder Stellung beziehen.

Als erste traten die Delegationen aus dem Kosovo und Serbien vor den 15 Richtern des Internationalen Gerichtshofs auf. Sie hatten jeweils drei Stunden zur Verfügung, um ihre Argumente für bzw. gegen die Loslösung Kosovos von Serbien vorzutragen. Den anderen Ländern stehen jeweils nur 45 Minuten zur Verfügung. Gleich nach Serbien und Kosovo nahmen Albanien, Deutschland, Saudi-Arabien und Argentinien Stellung.

Argumente für die Unabhängigkeit

Kosovo ist bis jetzt von 63 Ländern anerkannt worden. Für die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeit werden in Den Haag voraussichtlich 15 Länder plädieren: Albanien, Österreich, Bahrain, Bulgarien, Kroatien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Jordanien, die Niederlande, Norwegen, Saudi-Arabien, Großbritannien und die USA.

Der Botschafter Albaniens in den Niederlanden, Gazmend Barbullushi, sagte vor dem Gerichtshof, Serbien habe 1989 dem Kosovo illegal die Autonomie entzogen. Darauf seien zehn Jahre gefolgt, in denen „Serbien große Verbrechen auf dem Kosovo begangen habe, die 1999 ihren Höhepunkt gefunden hätten. „Damals waren die Kosovo-Albaner der größten ethnischen Säuberung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgesetzt. Tausende Menschen wurden getötet oder verschwanden spurlos“, erklärte Barbullushi. Mehr als 1,5 Millionen Menschen seien vertrieben worden, von denen allein 700.000 nach Albanien flohen.

Den deutschen Standpunkt vertrat die Völkerrechtsberaterin des Auswärtigen Amtes, Susanne Wasum-Rainer. Sie sagte, die Unabhängigkeitserklärung stehe im Einklang mit dem Völkerrecht: „Kosovo ist kein Präzedenzfall. Es ist ein spezifischer und einmaliger Fall. Die wichtigsten Elemente, die dies bestätigen, sind: die massenhafte Gewalt an der albanischen Bevölkerungsmehrheit, die Anwesenheit der internationalen Verwaltung, das Fehlen des Einflusses der serbischen Behörden auf Pristina und die Verhandlungen von UN-Chefunterhändler Martti Ahtisaari sowie der aus Unterhändlern der EU, der USA und Russlands gebildeten Troika, die schließlich scheiterten.“ Frau Wasum-Rainer ist der Ansicht, dass auf dem Territorium ausreichend Platz für zwei Staaten sei – für Kosovo und Serbien. Dem schloss sich auch der Vertreter Saudi-Arabiens an. Abdullah Alshaghrood, Botschafter in den Niederlanden, sagte, die Unabhängigkeitserklärung stehe nicht im Widerspruch zum Völkerrecht, daher habe sein Land auch den Entschluss gefasst, das Kosovo anzuerkennen.

Argumente gegen die Unabhängigkeit

Serbien erwartet in Den Haag die Unterstützung von 14 Ländern: Argentinien, Aserbaidschan, Belarus, Bolivien, Brasilien, Burundi, China, Zypern, Laos, Rumänien, Russland, Spanien, Venezuela und Vietnam. Den Anfang machte Argentinien. Dessen Vertreterin Susana Ruiz Cerutti, sagte, die Unabhängigkeitserklärung sei ein Verstoß gegen die territoriale Integrität und Souveränität. Es gebe kein Recht auf Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. Ruiz Cerutti definierte die Kosovo-Albaner als nationale Minderheit, die nicht das Recht auf Selbstbestimmung und Abspaltung habe. Im Gegensatz zu Deutschland und Albanien, vertrat sie die Ansicht, dass Kosovo durchaus als Präzedenzfall genutzt werden könne und nicht einmalig sei.

Die Anhörung dauert noch bis zum 11. Dezember. Danach liegt alles in den Händen der 15 Richter, die voraussichtlich bis zum Frühjahr 2010 ein Gutachten vorbereiten werden, das allerdings nicht rechtsverbindlich ist. Acht Richter kommen aus Ländern, die die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt haben. Viele Experten bezweifeln, dass das Gutachten eine klare Position beziehen wird.

Autoren: Bahri Cani / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann