Gewalt nicht im Griff
7. August 2003Uribe habe den klaren Wählerauftrag, die linken Rebellen und die rechten Paramilitärs militärisch niederzukämpfen, aber da gebe es bisher keine wirklichen Erfolge, sagt Fernando Giraldo, Dekan der Jesuitenuniversität in Bogotá. Die hohe Zustimmung von 80 Prozent der Kolumbianer zu Uribes Kurs und sein Ansehen im Ausland könnten sich nach Giraldos Ansicht schon bald verflüchtigen, wenn der Präsident nicht endlich handfeste militärische Erfolge vorzuweisen habe.
Dafür aber fehle es dem Staat langfristig an wirtschaftlicher Kraft und moralischer Überlegenheit. Nicht ein einziger Führer der Rebellen, allen voran die marxistischen "Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens" (FARC), konnte gefasst oder getötet werden. Die mit US-Hilfe besser ausgerüsteten Streitkräfte stoßen immer wieder gegen einen anscheinend unfassbaren Gegner vor.
"Die Rebellen haben sich wieder darauf besonnen, dass sie Rebellen sind", sagt ein westlicher Diplomat in Bogotá. Deren Großverbände, die früher ganze Regionen besetzt hielten, haben sich wieder in kleinere Einheiten aufgeteilt. Sie wagen sich nur kurz aus dem Schutz der Berge und undurchdringlichen Wälder hervor, schlagen schnell und hart zu, und bevor das Militär reagieren kann, haben sie sich schon wieder offenbar in Luft aufgelöst.
Guerilla-Taktik
Mit spektakulären Bombenanschlägen auch in Großstädten wie Bogotá haben die Rebellen den Krieg auch in die Zentren der Macht getragen. Schon am Tag von Uribes Amtseid starben in Bogotá durch der FARC 17 Menschen. "Wenn das zunähme, wäre auch die immer noch erstaunlich robuste Wirtschaft des Landes gefährdet, die sich auf die fünf großen Städte des Landes konzentriert", warnt der Siemens-Manager Germán Roa Pineros.
Kampf ums Gewaltmonopol
In einem Kraftakt versuchen Polizei und Militär, Uribes Forderung nach einer Durchsetzung des Gewaltmonopols im ganzen Land nachzukommen. In hunderten von Kleinstädten sind nun wieder je eine Hand voll stark bewaffneter Polizisten stationiert. Von Friedensverhandlungen mit den FARC ist unterdessen keine Rede mehr. "Die Ankündigung Uribes, die Vereinten Nationen um eine Vermittlung bitten zu wollen, war nie ernst gemeint", schätzt Giraldo.
Solche Meinungen passen nicht zu Uribes Strategie. In Übereinstimmung mit der Weltsicht der US-Regierung unterscheide er nur noch in Schwarz und Weiß, meint Giraldo und sagt: "Bist du für mich, bist du gut. Bist du gegen mich, bist du böse". Die krassen Unterschiede zwischen Arm und Reich sowie die soziale Not mehr als der Hälfte der Kolumbianer treiben den Rebellen wie eh und je immer neue Kämpfer zu. Und mit den Dollar-Millionen aus dem Drogengeschäft und aus Erpressungen sind die FARC und andere Rebellen sowie die extrem rechten Paramilitärs immer gut ausgerüstet. (dpa)