Glanzloser Auswärtssieg
13. Juni 2015Fußball-Weltmeister Deutschland hat in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich einen Sieg im Auswärtsspiel gegen Gibraltar gefeiert. In Faro in Portugal setzte sich das DFB-Team vor 7400 Zuschauern dank einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit 7:0 (1:0) durch und ist nun in der Gruppe D mit 13 Punkten Zweiter hinter Polen (14). Schottland folgt mit elf Punkten auf Rang drei. Die Tore erzielten Andre Schürrle mit einem Dreierpack (28./65./71. Minute), Max Kruse (47./81.), Ilkay Güdogan (51.) und Karim Bellarabi (57.).
Haarsträubende erste Hälfte
Was hatte Bundestrainer Joachim Löw vor der Partie gegen den Fußballzwerg angekündigt? Seine Spieler sollten Spaß haben, Tempo machen, den Gegner unter Druck setzen, ihre Torchancen nutzen. Irgendwie schienen all diese Anweisungen im Wind an der Algarve-Küste ungehört verhallt zu sein. Denn statt selbst Druck zu machen, hatten die Gibraltarer die ersten Chancen. Liam Walker zog aus knapp 30 Metern ab, nur um Zentimeter flog der Ball am deutschen Tor vorbei. Schlussmann Roman Weidenfeller, der zu seinem fünften Länderspieleinsatz kam, wäre wohl nicht mehr herangekommen.
Auf der anderen Seite durfte sich Weidenfellers Kollege Jordan Perez nur wenig später auszeichnen. Jonas Hector wurde im Strafraum gefoult, der maltesische Schiedsrichter Clayton Pisani gab völlig zu Recht Elfmeter, den Kapitän Bastian Schweinsteiger aber viel zu lässig in Perez´ Arme schob (10. Minute). Fast hätte sich diese Nachlässigkeit gerächt, denn nicht die hilf- und kraftlos wirkenden Deutschen erspielten sich Möglichkeit um Möglichkeit, sondern die Underdogs von der iberischen Halbinsel. "Die haben gar nichts zu verlieren, können die Bälle nach vorne spielen, und irgendwann geht da mal einer durch", nahm Löw seine Spieler später in Schutz.
Aaron Payas´ Freistoß konnte Weidenfeller noch vergleichsweise mühelos parieren, beim Schuss von Jake Gosling aus fünf Metern musste er dann aber sein ganzes Können aufbieten. "Die erste Halbzeit war nicht so entschlossen, das darf natürlich nicht passieren. Ich bin froh, wenn Thomas Müller wieder da ist und die Elfmeter schießt", sagte Schweinsteiger nach der Partie bei RTL.
Fast alle Treffer nach Abwehrfehlern
Der Weltmeister versuchte es immer wieder durch die viel zu enge Mitte. Torchancen waren eher Zufallsprodukte, so wie das 1:0 durch Schürrle, der den technischen Fehler eines Abwehrspielers nutzte, ein paar Schritte aufs Tor zulief und den Ball flach an Perez´ Fuß vorbei ins lange Eck spitzelte (28.). Die erhoffte Trendwende brachte Schürrles 18. Länderspieltreffer aber nicht, auch wenn die DFB-Angreifer jetzt öfters im Strafraum der Gibraltarer auftauchten. Mesut Özil und wenige Sekunden später Patrick Herrmann ließen beste Gelegenheiten ungenutzt, scheiterten jeweils am überragenden Perez.
Wirkungsvolle Pausenansprache
Nach dem Seitenwechsel dann eine völlig ausgewechselte deutsche Mannschaft: Löw beorderte Schweinsteiger in die Innenverteidigung neben Jerome Boateng und schaffte so mehr Platz im Mittelfeld. "Ich bin in der Pause schon ein bisschen deutlicher geworden, weil wir fahrlässig mit unseren Möglichkeiten umgegangen sind", sagte der Bundestrainer nach dem Schlusspfiff. Und die Kritik wirkte: Leichtfüßig kamen die deutschen Spieler nun vor das Tor der Gastgeber, und schon zwei Minuten nach Wiederanpfiff war es der für den verletzten Mario Götze eingewechselte Kruse, der das 2:0 besorgte (47.). Ilkay Gündogan (51.), Karim Bellarabi (57.), zweimal Schürrle (65./71.) und wiederum Kruse (81.) erhöhten, als Kraft, Glaube und Konzentration bei Gibraltars Amateurkickern nachließen.
Jetzt kam die angekündigte und geforderte Spielfreude auf, die DFB-Kicker gehen mit einem Erfolgserlebnis in den zweiten Teil der unterbrochenen Sommerferien. Der Bundestrainer lobte die Konsequenz und Konzentration nach der Pause.
Die Europameisterschaft-Qualifikation wird am 4. September mit den Partien Deutschland gegen Polen in Frankfurt sowie Georgien gegen Schottland fortgesetzt. "Das war ein schwieriges Jahr für viele Spieler, die nach der WM noch nicht ihren Rhythmus gefunden haben, aber im Herbst werden wir die notwendigen Punkte holen", ist sich Joachim Löw sicher.