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Aus der Lava auferstanden

Claus Stäcker21. Februar 2015

Mit deutscher Hilfe wird im Ostkongo der wichtige Flughafen Goma wiederaufgebaut. Als erster deutscher Außenminister besuchte Frank Walter Steinmeier die jahrzehntelang umkämpfte Millionenstadt. Claus Stäcker war dabei.

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Steinmeier in Goma (Foto: DW / Claus Stäcker)
Bild: DW / Claus Stäcker

Weißblau, fast ein bisschen bayrisch, stehen die Festzelte neben der Start- und Landebahn von Goma. Beinahe hätte der Provinzgouverneur sie in letzter Minute noch abbauen lassen – sie erschienen ihm nicht repräsentativ genug. Schließlich war der deutsche Außenminister im Anflug, der erste überhaupt in der Millionenstadt. Am Ende bleiben die Zelte aber stehen, für die nicht mal einstündige Pisten-Eröffnungsshow reichen sie allemal. Vor den Ehrengästen schwärmt der Gouverneur nun "von den großartigen Wirtschaftsperspektiven, die das Drehkreuz zwischen Kongo, Ruanda und Uganda" eröffne. Auch sein hoher Gast Frank-Walter Steinmeier lobt den Flugplatz überschwänglich als "Ort der Hoffnung für die Menschen", die jahrzehntelang unter Krieg, wechselnden Feldherren und Naturgewalten gelitten hätten.

Vor 13 Jahren war der Vulkan Nyiragongo in der Nähe ausgebrochen und hatte halb Goma unter einer meterdicken Lavaschicht begraben. Die Lava verkürzte die Piste um die Hälfte. Fortan konnten nur kleine Maschinen landen. Einige größere, die es trotzdem versuchten, sind als Wrack am Landebahnende zu besichtigen. 2009 begann dann die Lavaräumung und Pistenverlängerung, finanziert vom Auswärtigen Amt. Über die Jahre wurden 14 Millionen Euro verbaut. Mehrfach waren die Arbeiten unterbrochen, zuletzt 2012, als Rebellen Goma eroberten und alles plünderten, was nicht niet- und nagelfest war. Nach knapp sechs Jahren ist nun der deutsche Part fertig. Es fehlen aber noch immer 500 Meter und eine komplette Asphaltschicht - der kongolesische Eigenanteil. Erst dann können wieder große Verkehrsmaschinen Goma anfliegen.

Eine halbfertige Piste gibt Hoffnung

Auf kaum eine Stadt passt das Gleichnis von "Phönix aus der Asche" so gut. Kaum ein Haus, in dem das schwarze Gestein nicht wenigstens zu einer Grundstücksmauer verarbeitet wurde. Einen Anteil an dieser Erfolgsgeschichte hat gewiss auch Martin Kobler, Chef der mit 20.000 Soldaten weltweit größten UN-Mission, MONUSCO. Sie hat am Flughafen ihre Basis, samt Drohnenleitstation, wie er stolz auf einen Container weist.

Noch 2012 hatten die Blauhelme tatenlos zusehen müssen, wie die Plündertruppen der Rebellen einrückten. Seit Kobler im Juli 2013 das MONUSCO-Kommando mit einem robusten Mandat übernahm, besiegten die Blauhelme gemeinsam mit der kongolesischen Armee die Plünderer der M23-Gruppe und drängten andere der unzähligen Milizen erfolgreich zurück. Als nächste wären jetzt die einst aus Ruanda geflohenen Hutu-Rebellen der FDLR dran. Nur 300 von ihnen haben bis zum Ende eines Ultimatums im Januar ihre Waffen abgegeben – gegen die rund 1.500 aktiven Kämpfer müsste jetzt Gewalt angewendet werden.

Vulkanausbruch im Kongo
Der Vulkanausbruch im Jahr 2002Bild: AP

Die UN-Offensive stockt

Doch Kobler hat Anfang Februar die Kooperation mit der kongolesischen Armee "auf Eis gelegt", wie er es formuliert. Zwei Generäle stehen auf der roten Liste möglicher Menschenrechtsverletzer. Als UN-Befehlshaber will und kann Kobler mit ihnen nicht kooperieren. Die von der Afrikanischen Union (AU) unterstützte Kongo-Mission stockt. Augenzeugen berichten, dass Teile der offiziellen Armee an Straßensperren gemeinsam mit der FDLR abkassieren. Vielleicht will Präsident Joseph Kabila gar nicht kämpfen. Kobler mag das noch nicht glauben: Zwar hänge der Kampf gegen die FDLR stärker vom "politischen Willen" ab als die früheren Offensiven, räumt er ein. "Aber ich bin überzeugt, dass dieser politische Wille vorhanden ist." Es müsse nur langsam losgehen, die militärische Operation hänge schon viel zu lange in den Seilen".

Militärisch wären die versprengten FDLR-Kämpfer wohl leicht zu bezwingen. Aber Kobler ist Realist. Ruhe würde damit noch lange nicht einkehren. Gern zeigt er eine aussagekräftige Landkarte vor: Sie markiert Bodenschätze, Drogenanbau und Truppenpositionen im Ostkongo. Ob Gold, Coltan, Wolfram, Holzkohle oder Mariuhana – jede der sogenannten Rebellentruppen kontrolliert irgendeine dieser märchenhaften Ressourcen. Moderne Raubritter: Und über "Boomtown" Goma gelangen die illegalen Rohstoffe in die Nachbarländer.

Rohstoffe befeuern die Konflikte

Außenminister Steinmeier plädiert deshalb am Rande des Pistentermins in Goma für eine Zertifizierung der Mineralien: "Es muss aufhören, dass illegale Rohstoffe gefördert und über die Grenzen gebracht werden und sich dann auf den Weltmärkten wiederfinden. Deshalb brauchen wir eine Zertifizierung der Rohstoffe." Die Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffe (BGR) in Hannover hat ein geowissenschaftliches Fingerprint-Verfahren entwickelt, das die Herkunft so begehrter Materialien wie Zinn, Tantal und Wolfram auf die Mine genau bestimmen kann. Die BGR will in Kürze in der Region ein Testlabor eröffnen.

Für die Bevölkerung, die nicht vom Schwarzhandel profitiert, ist das eine sehr ferne Vision. Witwen wie die 56-jährige Bivaho Nsekerabanzi wären schon froh, wenn sie und ihre fünf Kinder dauerhaft Frieden und ausreichend zu essen hätten. In ihrem selbstgezimmerten Holzhaus nördlich von Goma sind noch deutlich die Einschusslöcher der M23-Rebellen von 2012 zu sehen. Familie Nsekerabanzi konnte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Nach einem Jahr im Flüchtlingslager kehrten sie zurück. Aber der MONUSCO, die damals wegschaute, traut sie bis heute nicht: "Dauerhaften Frieden", sagt sie, "können nur die kongolesischen Sicherheitskräfte selber schaffen. Nicht die Blauhelme.

Menschen in Goma (Foto; DW / Claus Stäcker)
Bivaho Nsekerabanzi vor ihrem Holzhaus in Mujoga, nördlich von GomaBild: DW / Claus Stäcker