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"Google wurde zu meinem Standard-Lexikon"

4. September 2018

Google gehört wohl zu den größten Erfindungen der Menschheit und berührt fast jeden Aspekt unseres Lebens. 20 Jahre nach der Gründung des Internet-Riesen hat die DW Menschen gefragt, wie Google ihr Leben verändert hat.

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Die App der Suchmaschine Google auf Smartphone
Bild: Imago/photothek/T. Trutschel

"Google wurde zu meinem Standard-Lexikon"

Butch Barksdale arbeitet in der Finanzbranche in Charlotte, USA

USA Butch Barksdale Bankexperte
Bild: privat

Als ich ein Teenager war, lautete einer der Lieblingssätze meiner Mutter: "Schlag nach bei 'Funk and Wagnalls', einem damals sehr verbreiteten US-Standard-Lexikon." Normalerweise hat sie mir das gesagt, wenn sie entweder die Antwort auf eine meiner Millionen Fragen nicht kannte oder sie wollte, dass ich selbst etwas lerne. Also ging ich ins Wohnzimmer zu einer Reihe von 26 Lexikon-Bänden, um eine Antwort auf meine Frage zu finden. Für die 26 Bände gab es sogar ein eigenes Regal.

Heute frage ich Google, genau wie der Rest der Welt, die Zugang zu einem Computer oder Smartphone hat. Manchmal habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Google nutze und denke, ich sollte mir irgendwie das Wissen erarbeiten. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, Google klug zu nutzen, um sicherzugehen, dass ich den Quellen vertrauen kann. So wie früher der 'Funk und Wagnalls' Enzyklopädie!

"Ich bin unerbittlich geworden"

Shalini Nair ist Journalistin in Kochi, Indien

Google hat mein Leben auf zwei Arten verändert. Das erste liegt natürlich auf der Hand - es hat die Recherche auf praktisch allen Gebieten viel einfacher gemacht.

Als Medienprofi ist es wichtig zu wissen, was um einen herum passiert, und wenn man mit einem unerwarteten Auftrag ohne richtigen Vorlauf konfrontiert wird, sorgt das allwissende Google dafür, dass man sich zumindest nicht zum Narren macht.

Indien Shalini Nair Journalistin
Bild: privat

Erst in der vergangenen Woche wurde ich auf den letzten Drücker zum Interview mit dem früheren spanischen Fußballstar Fernando Moriantes geschickt, der in seiner aktiven Zeit für Real Madrid und den FC Liverpool gespielt hat. Als ich ohne Dolmetscher dort auftauchte (das Englisch des Mannes ist nicht annähernd so makellos wie seine Bewegungen auf dem Spielfeld), gelang es mir, einen passablen 5-Minuten-Gedankenaustausch in gebrochenem Spanisch hinzubekommen, alles mit freundlicher Unterstützung von Google.

Die zweite Veränderung in meinem Leben durch Google ist etwas psychologischer.  Es ist unheimlich, wie wir uns auf dieses Werkzeug mehr verlassen, als auf unser eigenes Gedächtnis und unser Können. Als mir das klar wurde, war ich ziemlich verwirrt. Also habe ich beschlossen, dass ich altmodisch werde: Wenigstens bei den Dingen, die ich wissen müsste - Wortschatz, Grammatik und Wortbedeutungen etwa - wollte ich nicht mehr die ganze Zeit mein eigenes Wissen in Frage stellen, indem ich die Sachen bei Google nachschaue. Ja, in diesem Sinne bin ich durch Google unerbittlich geworden. Irgendwo muss man eine Grenze ziehen, damit man nicht eines Tages tatsächlich googeln muss: "Wie ist mein Name?"

"Ich weiß mehr über meine Kunden als die meisten ihrer Freunde"

Stephen Crimmins ist als Rechtsanwalt in Washington DC tätig

USA Stephen Crimmins Anhörung im US Senat
Bild: Getty Images/B. Hoffman

Wenn ich einen neuen Fall der US-Börsenaufsicht SEC zu verteidigen habe, beginne ich mit einer Google-Suche über alle an der Transaktion beteiligten Parteien. Der dadurch entstehende Informationsvorsprung verschafft mir einen taktischen Vorteil gegenüber meinem gegnerischen Anwalt und ermöglicht es mir, meinen Mandanten auf einem Niveau zu vertreten, das man vor 20 Jahren nur durch die Zusammenarbeit mit einem großen und teuren Team hätte erreicht können.

Und bevor ich mich mit jemandem beruflich treffe (oder jemanden vor Gericht ins Kreuzverhör nehme!), sagt mir Google mehr über die Person, als die meisten ihrer Freunde wissen. Darüber hinaus bietet mir Google außerdem den Vorteil, auf eine riesige Forschungsbibliothek auf meinem Smartphone zugreifen zu können, egal wo ich bin.

"Es macht mir Angst"

Fred Muvunyi ist ein ruandischer Journalist, der in Deutschland lebt

DW-Mitarbeiter Fred Muvunyi
Bild: DW

Google ist das führende Suchmaschinen-Tool, das für meine Karriere als Journalist sehr nützlich war. Es liefert alle Arten von Informationen, die ein einzelner Mensch kaum im Kopf behalten kann. Google-Drive ist eine Cloud-Datenbank, die uns einen einfach zu bedienenden mobilen Speicher zur Verfügung stellt. Hier kann man seine wichtigen Daten speichern und jederzeit darauf zugreifen, solange man online ist. Google ist der Aufbewahrungsort für fast alle Artikel und das Wissen, das online veröffentlicht wurde.

Aber ehrlich gesagt, macht es mir auch Angst. Google ist wie ein Freund, den man aufgezwungen bekommt und auf den ich mich verlassen und mit dem ich alle meine Geheimnisse teilen muss. Ich weiß nicht, wer dahinter steckt, aber ich habe ihm alle meine wesentlichen Daten anvertraut. Ich kann ohne die Unterstützung von Google nicht auf die digitalen und Kommunikationsanwendungen zugreifen, die im App Store oder auf Android heruntergeladen werden können. Ich erinnere mich kaum daran wie etwas geschrieben wird - doch das Schlimmste ist, dass ich kaum in gedruckte Bücher schaue, wenn ich etwas wissen muss. Ich verlasse mich einfach auf die Hilfe von Onkel Google.

"Google hat die Rolle meiner Mutter übernommen"

Karen Johnson ist Englischlehrerin in Washington DC

Karen Johnson
Bild: privat

Als ich aufwuchs, sah ich die Quizshow 'Jeopardy' im Fernsehen mit meiner Mutter, die völlig aufgeregt und in einem regelrechten Dauerfeuer ihre Antworten in Richtung Bildschirm schrie. Ich imitierte meine Mutter und wuchs auf mit dieser großen Leidenschaft für belangloses Halbwissen und bekam tatsächlich einen Platz in einer High School TV-Quiz-Show. Aber ich wusste, dass ich immer auf meine Mutter zählen konnte, um eine Antwort auf jede Frage zu wissen, bei der ich ratlos war.

Eines Tages drehte ich mich um und merkte, dass niemand in der Nähe war, der meine Fragen beantworten konnte. Niemand. Wer weiß die Antwort? Das war meine größte Frage und sie machte mir Angst. Wen kann ich fragen? 

Und dann, eines Tages - kam Google. Jetzt lassen sich alle Fragen, bei denen mein Latein am Ende ist, einfach "googeln".