Großmufti von Jerusalem festgenommen
14. Juli 2017Nach dem tödlichen Angriff auf Polizisten in Jerusalem hat die israelische Polizei nach Angaben der Familie den obersten muslimischen Geistlichen der Stadt vorübergehend festgenommen. Die Beamten hätten Großmufti Muhammad Ahmad Hussein in der Altstadt abgeführt, sagte sein Sohn Dschihad der Nachrichtenagentur AFP. Inzwischen sei er wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden. Die israelische Polizei wollte sich bislang nicht zu den Angaben äußern.
Zuvor hatten Angreifer in der Altstadt von Jerusalem zwei Polizisten durch Schüsse tödlich verletzt. Sicherheitskräfte riegelten daraufhin die gesamte Altstadt ab, die Freitagsgebete in der Al-Aksa-Moschee auf dem Tempelberg wurden abgesagt. Der Großmufti hatte die Absage scharf kritisiert. Mit seinen Anhängern protestierte Hussein in Jerusalems Altstadt gegen diesen Schritt.
Attentäter von Sicherheitskräften erschossen
Unterdessen wurde ein weiterer Polizist mit mittelschweren Verletzungen behandelt. Die jungen Attentäter seien nach ihrer Flucht in Richtung der Al-Aksa-Moschee erschossen worden, teilte die Polizei mit. Bei ihnen seien drei Schusswaffen gefunden worden. Israelische Medien berichten weiter, die Attentäter hätten israelische Ausweise bei sich gehabt. Die Zeitung "Haaretz" berichtet, der Inlandsgeheimdienst Shin Bet habe die drei Männer als israelische Araber aus der Ortschaft Umm al-Fahm im Norden des Landes identifiziert.
Es war der schwerste Angriff mit Schusswaffen in Jerusalems Altstadt seit Jahren. Die Altstadt befindet sich in Ost-Jerusalem, das von Israel besetzt und annektiert wurde. Auf dem Tempelberg befindet sich auch die Al-Aksa-Moschee, die drittheiligste Stätte des Islams. In der Nähe steht die Klagemauer, die heiligste Stätte des Judentums.
Keine Freitagsgebete
Inzwischen riegelten Sicherheitskräfte das Areal um den Tatort ab. Normalerweise kommen dort freitags Tausende zum Gebet zusammen. In der Vergangenheit haben Zwischenfälle auf dem Tempelberg häufig Aufruhr in der ganzen Region ausgelöst.
Israels Polizeichef Roni Alscheich sprach von einem ernsten Zwischenfall mit Auswirkungen auf nationaler und internationaler Ebene. Der Sprecher der radikalislamischen Hamas bezeichnete den Angriff laut Medien als "natürliche Reaktion auf israelischen Terror und die Entweihung der Al-Aksa-Moschee" sowie als Beweis für den anhaltenden Widerstand der Palästinenser. Inzwischen telefonierte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dabei verurteilte Abbas die tödliche Schießerei in der Näher der heiligen Stätten in Jerusalem.
Blutige Gewaltserie
Seit Oktober 2015 wurden bei einer Gewaltserie in Israel und den Palästinensergebieten mehr als 280 Palästinenser, 42 Israelis und sieben Ausländer getötet. Bei der Mehrzahl der getöteten Palästinenser handelte es sich um erwiesene oder mutmaßliche Attentäter, die zumeist Messer für ihre Angriffe verwendeten.
Zuletzt war Mitte Juni eine israelische Polizistin nahe der Altstadt von Jerusalem von einem Angreifer erstochen worden. Nach Angaben der Polizei hatten zunächst zwei der insgesamt drei mutmaßlichen palästinensischen Angreifer das Feuer auf eine Gruppe von Polizisten eröffnet, bevor der dritte Angreifer die Polizistin mit einem Messer tötete. Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Tat für sich, die palästinensische Hamas und israelische Sicherheitskreise zogen dies allerdings in Zweifel.
kle/sti/jj (rtre, afpf, ARD, dpa, kna, haaretz.com)