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Debatte über Flüchtlingskontingente

24. August 2014

Europa soll eine halbe Million Flüchtlinge aufnehmen. Mit dieser Forderung sorgt Grünen-Fraktionsvorsitzende Göring-Eckardt für heftige Diskussionen. Die deutsche Bevölkerung ist in der Frage gespalten.

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Jesiden in Zakho Nordirak 16.08.2014
Bild: picture alliance/AA

Vor dem Hintergrund des Vormarsches der Dschihadisten im Irak und in Syrien hat die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, die Aufnahme von 500.000 Flüchtlingen in Europa gefordert. Im Rahmen eines Sofortprogramms müsse Europa "seine Hilfen vor Ort" für Betroffene der Gewalt durch die Extremisten des "Islamischen Staats" (IS) aufstocken, sagte die Grünen-Politikerin der Zeitung "Bild am Sonntag" (BamS). Wenn Menschen von "Terrorgruppen verfolgt, brutal misshandelt und ermordet" würden, sei diese Geste ein "Gebot der Humanität".

Katrin Göring-Eckardt im Bundestag 09.04.2014
Göring-Eckardt: "Europa muss 500.000 Flüchtlinge aufnehmen"Bild: picture-alliance/dpa

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte in der Zeitung, der Bund müsse gemeinsam mit den Ländern "rasch prüfen", ob verstärkt "Flüchtlinge aus dem Nordirak aufgenommen werden" könnten.

Deutsche Bevölkerung unentschieden

Einer Umfrage des Instituts Emnid zufolge würden es 51 Prozent der Deutschen begrüßen, wenn die Bundesrepublik mehr Menschen aus dem Irak und dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien aufnähme. 43 Prozent der Befragten lehnen das allerdings ab.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sprach sich gegen eine Aufnahme einer großen Zahl von Bürgerkriegsflüchtlingen aus: "Es geht nicht darum, Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutchland zu holen, sondern dafür zu sorgen, dass sie im Land bleiben können, sagte er in der BamS.

Gleichwohl rechne er mit einem Anstieg der Asylanträge in Deutschland. Er gehe davon aus, dass in diesem Jahr insgesamt 200.000 Anträge gestellt würden, so der CDU-Politiker ebenfalls in der "Bild am Sonntag".Er sprach sich vor diesem Hintergrund für eine Debatte über die Aufnahme von mehr Flüchtlingen aus. Unter anderem forderte er strengere Kontrollen: "Wer politisch nicht verfolgt ist und keines Schutzes bedarf, der kann kein Asylrecht bekommen und muss unser Land wieder verlassen", sagte der Minister der Zeitung. Flüchtlingsschutz müsse so organisiert werden, dass er die "wirklich Bedürftigen" erreiche.

Thomas de Maiziere Neuordnung Islamkonferenz ARCHIVBILD
De Maizière: "Den Flüchtlingen ein Leben vor Ort ermöglichen"Bild: picture-alliance/dpa

Angst vor islamistischen Rückkehrern

In westlichen Ländern wächst die Angst vor islamistischen Kämpfern, die aus den Kriegsgebieten im Irak und Syrien zurückkehren. Der Kampf gegen diese Extremisten wird nach Ansicht der britischen Innenministerin Theresa May "viele Jahre und wahrscheinlich sogar Jahrzehnte" dauern. In einem Gastbeitrag für den "Daily Telegraph" schreibt sie, man brauche die Macht des Gesetzes, um diesen Kampf zu gewinnen. Deshalb sei geplant, die Handlungsfreiheit der Extremisten einzuschränken und die Mitgliedschaft in Gruppen zu verbieten, die den Einsatz von Gewalt propagierten. Großbritannien rechnet damit, dass mindestens 500 Landsleute in Syrien und im Irak kämpfen.

Nach Einschätzung von Sicherheitsbehörden sind aus ganz Europa mehr als 2000 Personen in die Kriegsregion ausgereist, allein aus der Bundesrepublik sollen es 400 sein. Laut Innenminister de Maizière sind 100 wieder zurückgekehrt. Allerdings seien nicht alle als potenzielle Terroristen einzustufen, betonte er.

Gefahr durch Waffenlieferungen

Allerdings, so der Minister, könnten die geplanten Waffenlieferungen an die irakischen Kurden für ihren Kampf gegen die IS-Extremisten die Gefahr für Deutschland erhöhen. Dies dürfe aber nicht zum Maßstab der Außenpolitik werden, so de Maizière. "Ich bin stolz darauf, dass Deutschland immer Partei für die Freiheit ergreift und ein Land ist, das Terroristen hassen."

Der Bundestag wird in einer Sondersitzung am 1. September über die geplanten Waffenlieferungen diskutieren. Besonders Grüne und Linkspartei, die beide erhebliche Einwände dagegen haben, hatten eine solche Debatte gefordert. Linken-Parteichefin Katja Kipping nannte die Entscheidung dafür in der "Mitteldeutschen Zeitung" einen "schwerwiegenden Fehler", die frühere Grünen-Chefin Claudia Roth sprach in der "Süddeutschen Zeitung" von einem "Tabubruch".

Einig sind sich alle Fraktionen darin, die humanitäre Hilfe für die Menschen im Nordirak fortzusetzen. Die Bundeswehr plant dafür weitere Hilfsflüge. Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte bei einem Besuch in der Kurdenmetropole Erbil, militärische und humanitäre Hilfe seien "zwei Seiten derselben Medaille".

mak/sti (rtr, afp, dpa)