Grüne selbstbewusst in den Wahlkampf
28. April 2013"Wir wollen Schwarz-Gelb endlich nach Hause schicken", rief Claudia Roth, die Bundesvorsitzende der Grünen, der jubelnden Parteibasis zu. Drei Tage lang haben 800 Delegierte in Berlin das Programm für die kommende Bundestagswahl im September beraten und in großer Einmütigkeit verabschiedet. Ihr Ziel: Die schwarz-gelbe Koalition unter Angela Merkel durch eine rot-grüne Regierung ersetzen. Nach langen Diskussionen bis spät in die Nacht waren die Delegierten zwar müde, aber in Kampfeslaune für den anstehenden Wahlkampf.
In den wollen sie mit einem detaillierten Programm der "sozialen Gerechtigkeit" ziehen, wie Spitzenkandidat Jürgen Trittin es nannte. Dazu gehören etwa die Einführung eines allgemeinen Mindestlohns von 8,50 Euro und eine höhere staatliche Unterstützung für Langzeitarbeitslose. Bis 2030 soll der komplette Strombedarf aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Neben einer Abgabe auf Vermögen ab einer Million Euro fordern die Grünen die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent. "Wir schenken den Menschen reinen Wein ein", sagte Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg: "Wir beschließen auch unangenehme Dinge wie Steuererhöhungen." Der erste grüne Ministerpräsident hatte sich im Vorfeld des Parteitags von zu hohen Steuern distanziert, weil er eine Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen befürchtete. Aber: "Wir haben die richtige Balance gefunden", erklärte er zum Abschluss des Parteitags.
Meinungsverschiedenheiten bei V-Leuten
Meinungsverschiedenheiten gab es bei der Frage von V-Leuten, also Informanten der Polizei und des Verfassungsschutzes etwa in der Neonazi-Szene. Gegen den Willen der Parteiführung verankerten die Delegierten die Abschaffung von V-Leuten im Wahlprogramm. "Das Führen bezahlter V-Personen birgt immer unvertretbare rechtsstaatliche Risiken", heißt es dort nun. Fraktionschefin Renate Künast hatte sich klar dafür ausgesprochen, sie nicht gänzlich aufzugeben.
Einigkeit herrschte in der Außenpolitik: Rüstungsexporte sollen laut Wahlprogramm durch ein Gesetz stärker kontrolliert werden. Exzessive Rüstungsexporte seien keine Stabilitätspolitik, sagte die Spitzenkandidatin Claudia Roth, "sie sind das glatte Gegenteil einer menschenrechtsbasierten Außenpolitik."
Die Delegierten erteilten einer möglichen Koalition mit CDU und CSU eine klare Absage: Umgesetzt werden soll das Programm mit den Sozialdemokraten: "Die nächste Bundesregierung wird rot-grün", sagte Parteichefin Claudia Roth. Im Vorfeld hatte es Diskussionen gegeben, ob die Festlegung auf die SPD im Programm festgeschrieben werden sollte. Gastredner Sigmar Gabriel riet den Delegierten schmunzelnd zu mehr Gelassenheit: "Bevor man zusammenzieht, guckt man noch mal im Viertel, ob es nicht etwas Besseres gibt", so der SPD-Vorsitzende. Wichtig sei, dass man sich schließlich doch zusammen tue. Es war das erste Mal, dass ein SPD-Vorsitzender auf einem Grünen-Parteitag auftrat. Seine Rede kam gut bei der grünen Parteibasis an.