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Gaza schöpft Hoffnung

Kate Shuttleworth / Na24. April 2014

Seit Jahren sind sie verfeindet. Jetzt wollen die Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah eine gemeinsame Regierung bilden. Israel stoppt alle Verhandlungen. In Gaza hoffen die Menschen, dass sich ihre Lage bessert.

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Unterstützung für die Versöhnung: Demonstration in Gaza (Foto: AFP)
Bild: SAID KHATIB/AFP/Getty Images

Am Ende des gemeinsamen Auftritts fassten sich die Vertreter von Hamas und Fatah an den Händen und reckten sie lächelnd gemeinsam in die Höhe. Kurz zuvor hatte Ismail Hanija, Regierungschef des von der Hamas beherrschten Gazastreifens, das Ende der palästinensischen Spaltung erklärt. Die Teilnehmer der Pressekonferenz im Gazastreifen wirkten, als ob die jahrelange Feindschaft zwischen der radikalislamischen Hamas und der gemäßigten Fatah schon lange vergessen sei.

Israels Regierung teilt die Euphorie nicht, im Gegenteil: Am Donnerstag (24.04.2014) hat das Sicherheitskabinett in einer Dringlichkeitssitzung einstimmig beschlossen, die laufenden Verhandlungen mit den Palästinensern abzubrechen. Die Hamas sei eine "Terrororganisation, die zur Zerstörung Israels" aufrufe. Schon in den vergangenen Tagen hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas gewarnt, er müsse sich entscheiden: Frieden mit der Hamas oder mit Israel - nach Netanjahus Lesart schließt das eine das andere aus.

Seit 2007 sind die Palästinensergebiete geteilt - damals hatte die Hamas die Fatah aus dem Gazastreifen vertrieben. Seitdem herrscht die Hamas im Gazastreifen, die Fatah unter Mahmud Abbas im Westjordanland. Es sei eine Ehre, eine Einigung im Streit mit der Fatah erzielt zu haben, sagte Gazas Regierungschef Hanija.

Vertreter von Hamas und Fatah nach der Einigung (Foto: AFP)
Eintracht: Vertreter von Hamas und FatahBild: AFP/Getty Images

Das am Mittwoch (23.04.2014) unterzeichnete Papier sieht die Bildung einer gemeinsamen Regierung innerhalb von fünf Wochen und Wahlen innerhalb von sechs Monaten vor. Es ist nicht das erste Mal, dass Hamas und Fatah eine Übereinkunft verkünden. Bisher hielten diese Einigungen aber nie lange.

Freude und Skepsis in Gaza

Die Menschen in Gaza feierten die Versöhnung. "Die Teilung ist tot, das Volk glücklich. Einheit, Freiheit, Würde und Menschlichkeit", skandierte eine Menschenmenge auf dem Platz des Vergessenen Soldaten. Doch in den Jubel mischte sich auch Skepsis: "Ich werde erst an die Versöhnung glauben, wenn ich sie praktisch spüren und sehen kann", erklärte die mit Palästinensertuch und Che-Guevara-Shirt bekleidete Samah Ahmad gegenüber der DW. "Wir brauchen Frieden und Menschlichkeit. Wir wollen uns als ein Volk fühlen."

Jubel über die Einigung zwischen Fatah und Hamas (Foto: Kate Shuttleworth)
Jubel über die Einigung zwischen Fatah und HamasBild: DW/K. Shuttleworth

Rehab Kenan, eine Frau eingehüllt in eine Palästinenserflagge, posierte vor den Kameras der Fotografen mit einem Friedenszeichen. "Wir haben Jahre auf diese Einigung gewartet. Wir danken unseren Führern für dieses Glück. Wir hoffen, dass die Versöhnung dauerhaft ist. Ich habe zwei Söhne, die Einigung wird zu Arbeit und zu einer besseren Zukunft führen."

Herausforderungen für die Zukunft

Samah Ahmad dagegen glaubt nicht, dass die Einigung von Hamas und Fatah von heute auf morgen alle Probleme löst. "Gaza braucht alles: Gesundheitsversorgung, offene Grenzen, Bewegungsfreiheit. Noch wichtiger als die politische ist die gesellschaftliche Versöhnung. Die muss zwischen den Menschen stattfinden."

Die Wirtschaft im Gazastreifen liegt am Boden. Mansour Albudi ist Erdbeer-Farmer im Norden des Gaza-Streifens. Er exportiert seine Früchte nach Europa. Albudi hat genug von der Hamas. "Vor ihrer Machtergreifung war der Export für uns viel einfacher. Ich hasse die Hamas. Mit ihnen ist die Situation vor allem für die Farmer sehr schlecht geworden." Früher exportierte Albudi 30 Tonnen Erdbeeren nach Europa. Jetzt sind es nur noch 200 Kilo.

Trotz der neuen Übereinkunft sind noch viele Fragen offen. Ein Beispiel ist das Schicksal der Sicherheitskräfte. 2006 hatte die Hamas die Wahlen im Gaza-Streifen gewonnen. Danach übernahm sie dort die Regierungsgeschäfte. Die Sicherheitskräfte aber wurden zunächst weiter von der Fatah kontrolliert. 2007 vertrieb die Hamas die Fatah-Sicherheitskräfte aus dem Gazastreifen. Noch ist unklar, ob die Hamas ihre Ordnungskräfte auflöst oder mit den Sicherheitskräften der Fatah fusioniert.

Die Menschen in Gaza hoffen auf eine bessere Zukunft (Foto: Kate Shuttleworth)
Die Menschen in Gaza hoffen auf eine bessere ZukunftBild: DW/K. Shuttleworth

Rückschlag für die Friedensgespräche

Israels Premierminister Netanjahu stellte wenig überraschend fest, Abbas habe sich für die Hamas statt für den Frieden entschieden. Auch Außenminister Avigdor Lieberman hatte bereits vor der Bekanntgabe des Palästinenser-Pakts gesagt, eine Unterschrift unter ein Aussöhnungsabkommen bedeute das Ende der Friedensverhandlungen mit der Regierung der Palästinensischen Autonomiebehörde. Neben Israel betrachten auch die EU und die USA die Hamas als Terrororganisation.

Dagegen sah Abbas in dem Abkommen mit der Hamas keinen Widerspruch zu den Gesprächen mit Israel. Sein Ziel bleibe die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates, der friedlich neben Israel existiere, erklärte er. Sein Außenminister, Riad al-Malki, sagte, es sei mit der Hamas vereinbart worden, dass Abbas das Verhandlungsmandat für das palästinensische Volk habe. Sollte es zu einer Einigung mit Israel kommen, werde es eine Volksabstimmung über das Ergebnis geben.

Die Friedensverhandlungen waren zuletzt in eine schwere Krise geraten. Bisher hatten beide Seiten darum gerungen, die Verhandlungen über den Stichtag, den 29. April, hinaus zu verlängern. Ursprünglich hatte US-Außenminister John Kerry als Vermittler bis zu diesem Datum einen fertig ausgehandelten Friedensvertrag angestrebt. Die Hamas lehnt die Friedensbemühungen strikt ab. Sie bestreitet das Existenzrechts Israels und hat in ihrer Charta die Vernichtung des jüdischen Staates als Ziel erklärt. Aus dem von ihr kontrollierten Gazastreifen werden fast täglich Raketen auf Südisrael abgefeuert. Am Mittwochabend (23.04.2014) hatte auch Israel erneut Luftangriffe auf den Norden des Gazastreifens geflogen.