Mehr als 400 Weißhelme aus Syrien gerettet
22. Juli 2018Die israelische Armee hat 422 Mitglieder der syrischen Hilfsorganisation Weißhelme und deren Angehörige aus einem Kampfgebiet im Süden Syriens in Sicherheit gebracht. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums bestätigte die Aktion. Die Helfer in Not seien in einer bisher beispiellosen Rettungsaktion nach Israel und dann nach Jordanien gebracht worden. Ihr Leben sei unmittelbar bedroht gewesen, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.
Die jordanische Nachrichtenagentur "Petra" hatte zunächst berichtet, es seien rund 800 syrische Zivilisten gerettet worden. Großbritannien, Deutschland und Kanada sagten nach jordanischen Angaben zu, die Betroffenen innerhalb von drei Monaten aufzunehmen.
"Außergewöhnliche humanitäre Geste"
Für Israel ist die Aktion ein ungewöhnlicher Schritt, der auf Bitten der USA und mehrerer europäischer Länder zustande kam. Dies bewog die israelische Regierung, ihre Armee in Marsch zu setzen. "Der Transfer der syrischen Flüchtlinge durch Israel ist eine außergewöhnliche humanitäre Geste", hieß es in der Mitteilung der Armee. "Die Zivilisten sind in ein Nachbarland gebracht worden." Um diese Meldung einzuordnen, hilft es zu wissen, dass die israelische Armee immer sehr zurückhaltend kommuniziert. Und dass jeder Schritt israelischer Soldaten außerhalb der Landesgrenzen ein Politikum in der Region darstellt.
Seehofer erteilt Weißhelmen Aufenthaltsgenehmigung
Von den aus Südsyrien in Sicherheit gebrachten Mitgliedern der zivilen Hilfsorganisation sollen acht mit ihren Familien in Deutschland aufgenommen werden. Dies teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit. Minister Horst Seehofer habe eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Das heißt, die Syrer müssen nach ihrer Ankunft in Deutschland nicht Asyl beantragen. Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes erlaube eine Aufnahme aus dem Ausland "aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen". Die Weißhelme bestätigten die Rettung ihrer Mitglieder in einem Tweet.
Die Betroffenen hätten in der syrischen Zivilverteidigung gearbeitet, berichtete die jordanische Agentur "Petra", und seien aus Gebieten geflohen, die syrische Regierungstruppen erobert hätten. Im Juni hatten syrische Regierungstruppen dort eine Offensive begonnen und in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Orte übernommen. Viele Menschen flohen in das Gebiet nahe der israelischen Grenzlinie auf den besetzten Golanhöhen. Dort hat Israel in den vergangenen Jahren Tausende verletzte Syrier ärztlich behandelt. Das Land ist aber nicht bereit zur Aufnahme von Flüchtlingen.
Verfolgt von Assads Truppen
Die syrischen Weißhelme kümmern sich im Kriegsgebiet vor allem um die Bergung von Menschen aus Gebäuden, die durch die Kampfhandlungen zerstört wurden. Sie würden von Assads Regierung mit Inhaftierung und Exekution bedroht, hieß es von israelische Seite. Deren Armeeführung erklärte schließlich noch, Israel behalte seine Politik der Nichteinmischung in den Konflikt in Syrien bei. Die Weißhelme wurden 2016 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Nach eigener Darstellung gehören knapp 4000 Freiwillige zu der Hilfsorganisation. Ihr wird die Rettung Zehntausender Menschen zugeschrieben. Das Auswärtige Amt hatte die Helfer in den letzten Jahren mit zwölf Millionen Euro gefördert.
qu/uh/ml (rtr, afp, dpa)