Europäisch-irakischer Handel
21. November 2006Bereits kurz nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein und dem Ende des Irak-Krieges waren dem Irak Verhandlungen über ein umfassendes Handelsabkommen zugesagt worden. Den Beginn der Gespräche am Montag (20.11.) bezeichnete der stellvertretende Premierminister des Iraks, Barham Saleh, als einen "historischen Tag" für den neuen demokratischen Irak.
Zwar räumte Saleh ein, dass die anhaltende Gewalt im Irak den wirtschaftlichen Aufbau stark beeinträchtigen würde. Trotz der harten Übergangszeit, in der das Land gerade stecke, sei er aber davon überzeugt, dass es auch aktuell einige relativ ruhige Gebiete gebe, die für Investoren aus Europa interessant sein könnten: "Niemand unterschätzt die Herausforderungen durch Terrorismus und Extremismus. Aber der Irak hat keine andere Möglichkeit außer der, erfolgreich zu sein."
Handelsvolumen mit Europa soll erheblich gesteigert werden
Die irakischen Vertreter hoffen, dass durch ein neues Abkommen das Handelsvolumen mit Europa erheblich gesteigert werden kann. Während deutsche Firmen mitte der achtziger Jahre Waren im Wert von vier Milliarden Euro jährlich in den Irak exportierten, sind es heute nach Angaben des deutschen Industrie- und Handelskammertages nur rund 180 Millionen Euro.
Die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte derweil zu, die EU wolle ihre Finanzbeihilfen für den Aufbau von Verwaltung, Justiz und Polizei im Irak beibehalten. Bislang hat die EU 720 Millionen Euro investiert. Nach Ferrero-Waldner werden zwar beide Seiten einen Nutzen von einem Handelsabkommen haben, besonders aber werde der wirtschaftlich-soziale Aufbau im Irak davon profitieren. "Wir wissen, dass der Irak im Prinzip ein sehr wohlhabendes Land ist. Wir müssen ihn wieder an seine frühere Leistungskraft heranführen und neue Kapazitäten aufbauen", sagte sie.
Der stellvertretende irakische Premierminister Barham Saleh kündigte an, der Irak wolle demnächst seinen Energiesektor neu ordnen, um Investitionen ausländischer Firmen zu ermöglichen. Ein umstrittenes Energiegesetz sieht vor, dass die untereinander konkurrierenden Provinzen und Volksgruppen die Einnahmen aus dem Ölgeschäft gerecht teilen sollen. Saleh sagte, dass das Öl für das irakische Volk bisher "ein Fluch" gewesen sei. Sie hofften daher, "dies ins Gegenteil verkehren und zu einem Segen für den Irak machen zu können".
Saleh warnte weiterhin, dass die Energieressourcen ein Anlass zur Spaltung sein könnten, wenn man nicht richtig mit ihnen umgehe. Er hoffe jedoch, dass sie dieses vermeiden können und "Energie zu einem Element der Einheit" machen können.
Nicht nur Energiegeschäfte
Die Ölförderung aus dem Irak soll von heute 1,7 Millionen Barrel pro Tag auf mindestens das Doppelte im Jahr 2010 angehoben werden. EU-Handelskommissar Peter Mandelson machte deutlich, dass es nicht nur um Energiegeschäfte gehe, der Irak solle seine Wirtschaft auf eine breite Basis aus Produkten, Dienstleistungen und Innovation stellen.
Das Handelsabkommen mit der EU sei auch ein Schritt hin in Richtung Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO), sagte Medelson. Denn in der internationalen Gemeinschaft sei der wahre Platz des Iraks. Mandelson sicherte dem Irak daher zu: "Das irakische Volk kann zuversichtlich sein, dass Europa voll und ganz hinter ihm und seiner Regierung steht, die entschlossen ist, wirtschaftliche und politische Reformen voran zu treiben."
In dem Abkommen mit der EU sollen der fast zollfreie Warenverkehr nach der so genannten Meistbegünstigungsklausel, die Rechtssicherheit für Investoren sowie der Markenschutz geregelt werden. Die Verhandlungen werden sich aber angesichts der schlechten Sicherheitslage wohl sehr lange hinziehen, vermutet man in der EU-Kommission. In Bezug auf ein Zieldatum hielten sich Außenkommissarin Ferrero-Waldner und Handelskommissar Mandelson zurück. Mendelson sagte aber, dass man "so schnell wie möglich" ein Ergebnis erreichen wolle.