Hund und Maus sollen raus aus dem Labor
23. August 2005Alle 15 Sekunden stirbt in deutschen Labors ein Tier. Rund zwei Millionen Tiere würden hierzulande jährlich zu Forschungszwecken verbraucht, beklagt Brigitte Rusche, die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes. Zum Großteil seien es Mäuse, Ratten, Fische und Kaninchen, die zu Versuchszwecken sterben müssen. Aber auch Affen, Hunde und Katzen müssten oft qualvoll für den Test neuer Produkte ihr Leben lassen - oft auch nur für Pflanzenschutzmittel, so die Tierschützerin.
Dazu Alternativen zu entwickeln ist das gemeinsame Anliegen der Teilnehmer des "Weltkongress über Alternativmethoden und den Einsatz von Versuchstieren in den Biowissenschaften", der von Verbraucherschutzministerin Renate Künast eröffnet wurde und noch bis zum 25. August 2005 dauert. "Auf diesem Weltkongress kommen alle Akteure zusammen und das gemeinsame Ziel heißt: Leiden und Schmerzen für Tiere vermeiden", erklärt die Ministerin. "Das muss dann auch heißen, dass unser großes Ziel ist, Tierversuche zu ersetzen."
Künstliche Haut statt echter Tiere
Dieses Ziel, den totalen Verzicht auf Tierversuche, hält Künast jedoch in nächster Zukunft für einen Traum. Dennoch seien bereits eine Vielzahl alternativer Verfahren zur Erprobung chemischer Stoffe vorhanden, sagt Horst Spielmann vom staatlichen Bundesamt für Risikobewertung. "Wir sind heute in der Lage, mit biotechnologischen Methoden menschliche Haut künstlich herzustellen." Damit könne man zum Beispiel testen, wie stark Kosmetik die Haut reizt. "Das ist derzeit Gegenstand der Forschung und wird in Kürze wahrscheinlich für diese Zwecke akzeptiert."
Das Problem bei der Anwendung dieser Alternativen sei, dass sie nicht weltweit anerkannt würden, sagt Spielmann. Wenn gewisse Verfahren zum Test der Verträglichkeit etwa von chemischen Stoffen nur in Deutschland akzeptiert würden, wäre es unmöglich, die Stoffe anschließend etwa in den USA oder Japan zu vermarkten.
Einmal testen reicht
Renate Künast sieht noch ein weiteres Problem: Oft werden aus Unwissen Substanzen getestet, die ein anderes Land oder Unternehmen schon längst überprüft hat. "Die Alternative zu Tierversuchen ist manchmal auch schlicht und einfach eine bessere Organisation und ein Datenaustausch", sagt die Ministerin. "Es darf nicht wie bisher zu einer Mehrfachtestung kommen."
Tierschützerin Brigitte Rusche beklagt die steigende Anzahl von Tierversuchen in Bereichen, in denen sie eigentlich nicht nötig seien. Etwa in der Grundlagenforschung, oder an Hochschulen, wo zum Teil Tierversuche gemacht würden, nur um bereits bekanntes Wissen an Studenten zu vermitteln. "Der wichtigste Punkt ist der, dass die Bürger daran interessiert sind, dass Tiere geschützt und geachtet werden und nicht in Tierversuchen leiden müssen. Das allein ist eine Motivation für die Bundesregierung, dieses Ziel auch weiter zu verfolgen."
Schont die Affen!
Als ersten Schritt fordern Tierschutzorganisationen aus der ganzen Welt in einer gemeinsamen Resolution Regierungen, Behörden, die Industrie und Wissenschaftler dazu auf, auf Versuche an Menschenaffen zu verzichten. Auch Jane Godall, die weltbekannte Primatenforscherin, hat die Resolution auf dem Kongress in Berlin unterzeichnet.